Neun Gründe Deshalb ist die Fifa-Weltfussballer-Wahl ein Graus

Die Redaktion

25.9.2018

Daumen hoch: Gianni Infantino liebt den grossen Auftritt. 
Daumen hoch: Gianni Infantino liebt den grossen Auftritt. 
Bild: Getty

Die Weltfussballer-Wahl 2018 ist Geschichte. Zurück bleiben nicht nur viele Gewinner, sondern in mancherlei Hinsicht auch ein fader Beigeschmack. Weshalb?

Zum dritten Mal gingen die Wahlen unter dem Titel «The Best Fifa-Awards» über die Bühne. Der Weltverband hat sich vom Ballon d’Or emanzipiert. Besser ist der Anlass dadurch nicht geworden. Pompöser vielleicht, relevanter kaum, fragwürdiger ganz bestimmt. Neun Punkte, die am Tag danach auf der Redaktion für Missstimmung sorgen:

1. Wieso Modric nicht Weltfussballer sein kann

Die Wahl von Luka Modric lässt sich gefühlsmässig nachvollziehen. Es ist eine Freude, ihm bei der Arbeit zuzusehen, er macht jedes Team besser und die Kroaten wären ohne ihn nicht ins Finale vorgestossen. Fakt ist aber auch: Modric hat in der letzten Spielzeit in 26 Liga-Spielen ein (!) Tor geschossen und sechs Vorlagen geliefert. Dazu kommen elf Champions-League-Spiele, in denen er jeweils ein Tor und einen Assist verbuchen konnte. Als zentraler Mittelfeldspieler. Mit den defensiveren Kroos und Casemiro im Rücken. Bei Real Madrid. Die Fussballwelt hat sich wohl einfach in sein Spiel (und speziell seinen Aussenrist) verliebt. Irgendwie verständlich, aber trotzdem unrichtig.

2. Gianni Infantino

Allzu viele Sympathien in der Öffentlichkeit geniesst Fifa-Boss Gianni Infantino schon länger nicht mehr. Seine Auftritte wirken nicht erst seit der WM, als er sich etwa zwischen Russlands Präsident Putin und dem saudischen Herrscher Bin Salam inszenierte, gekünstelt, überheblich und befremdend. Die affektierte Nähe zu den Superstars der Szene passt da bestens in dieses Bild. Wer hätte gedacht, dass man Sepp Blatter dereinst vermissen wird?

3. Skandal um Messi

Stellen Sie sich vor, sie liefern über Jahre konstant herausragende Leistungen ab, dass sie mit der Zeit von den Leuten als selbstverständlich wahrgenommen werden: Bester Torschütze und Vorlagengeber der Primera Division (ja genau, die Liga, welche seit Jahren die europäischen Wettbewerbe dominiert). Ausserdem mit Barcelona Meister und Cupsieger geworden. Logisch fehlt mit dem bitteren Ausscheiden gegen die AS Roma die Königsklasse. Nichtsdestotrotz geht es ja um die Bilanz über das ganze Jahr. Das seine Leistungsnachweis nicht mal für die «Top 3» reicht, ist ein Witz. Ein sehr schlechter.

4. Sollte nicht der Welttorhüter in der Weltauswahl stehen?

Der Belgier Thibaut Courtois ist Fifa-Welttorhüter. Aufgrund seiner starken Leistungen beim FC Chelsea (15 Mal zu Null) und an der WM in Russland kann man dies durchaus nachvollziehen. Doch im Tor der Fifa-Weltelf steht ein anderer: David De Gea. Gewählt von tausenden Fussballprofis aus der ganzen Welt. Doch das war den Fifa-Verantwortlichen wohl zu langweilig, also nahmen sie einen anderen. Verstehe dies wer will.

5. Antoine Griezmann hätte Weltfussballer werden müssen

Griezmann hat eine überragende Saison gespielt und auf Klubebene wettbewerbsübergreifend in 49 Spielen 29 Tore erzielt und 15 weitere vorbereitet. Atlético Madrid hat er zum Europa-League-Titel geführt, im Final gegen Marseille (3:0) erzielt er die ersten beiden Treffer, beim dritten hat er die Füsse ebenfalls im Spiel. Vor allem aber führt Griezmann Frankreich zum Weltmeister-Titel. Der 27-Jährige hat nach der Gruppenphase dem Turnier den Stempel aufgedrückt. Im Achtelfinal gegen Argentinien erzielt er ein Tor, im Viertelfinal gegen Uruguay bereitet er das 1:0 vor und setzt mit dem 2:0 den Schlusspunkt. Beim 1:0 gegen Belgien im Halbfinal spielt er den Assist und im Final, da hat Griezmann ebenfalls einen Treffer erzielt und einen weiteren vorbereitet. Noch Fragen?

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6. Messi und Ronaldo bleiben der Gala fern

Zehn Jahre lang hiess der Sieger immer Ronaldo oder Messi. In diesem Jahr schafften es beide ins Team des Jahres, die individuelle Auszeichnung holt sich aber Luka Modric ab. Und genau deshalb, auch wenn sie anderes behaupten, bleiben sie der Gala fern. Respektlos, peinlich, schlechte Verlierer. Das sieht übrigens auch Trainerlegende Fabio Capello so.

7. Salah nicht im Team des Jahres?!

Der belgische Nationaltorhüter Thibaut Courtois gewinnt die Wahl zum Torhüter des Jahres. Im Team des Jahres steht dann allerdings David de Gea zwischen den Pfosten (s. Punkt 4). Und auch Mohamed Salah, einer der drei besten Fussballer des Jahres, schafft es nicht in die Top-11. Alleine diese Beispiele zeigen, wie fragwürdig die ganze Fifa-Gala ist.

8. Mit Marta gewinnt die Bekannteste, aber nicht die Beste

Marta ist wahrscheinlich die beste Fussballerin aller Zeiten. Doch die Nummer 10 der «Samba Queens» ist nicht mehr die überragende Figur im Frauenfussball. In 24 Ligaspielen schoss sie bei Orlando Pride 13 Tore, scheiterte aber mit ihrem Team klar im Playoff-Halbfinale. Die absolute Topadresse ist im Frauenfussball Olympique Lyon (wie Real Madrid in den letzten drei Jahren dreimal CL-Sieger), wo ihre beiden Konkurrentinnen Dzsenifer Marozsan und Ada Hegerberg als «Duo Infernale» für Furore sorgen. Hegerberg hat in 20 Ligaspielen 30 Mal eingenetzt und in der Champions League in acht Partien sogar 15 Treffer verbuchen können. Marozsan glänzt derweil als Spielmacherin und ist fussballerisch wohl sogar noch besser. Bei der Wahl haben die Stimmberechtigten wohl einfach den bekanntesten Namen im Frauenfussball angekreuzt.

9. Tor des Jahres: Wie bitte?!

Zur Wahl von Mo Salahs Tor des Jahres haben wir uns bereits geäussert.


Trotz des ganzen Ärgers soll die Geschichte positiv enden. Der Auftritt von  N'Golo Kanté versprühte dann doch noch so etwas wie Sympathie und wahre Freude.

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