Kommentar Nations League: Gänsehaut-Momente statt öde Pflichttermine

Patrick Lämmle

16.11.2018

Tin Jedvaj erzielt in der 93. Minute das Siegtor für Kroatien – auf der Ersatzbank gibt es kein Halten.
Tin Jedvaj erzielt in der 93. Minute das Siegtor für Kroatien – auf der Ersatzbank gibt es kein Halten.
Bild: Getty

Kroatien und Spanien machen am Donnerstagabend beste Werbung für die Nations League. Das Spiel hat bewiesen, dass der Wettbewerb durchaus seine Berechtigung hat.

Besonders Klubtrainern ist die Nations League ein Dorn im Auge. Noch mehr Pflichtspiele in einem ohnehin schon überladenen Terminkalender, das ist nicht in ihrem Sinne.

Für die Nationaltrainer und die Fans ist der neue Wettbewerb hingegen ein Segen. Und auch die Spieler scheinen das neue Format zu schätzen.

Als hätte endlich mal jemand an die Fans gedacht

Als die UEFA die Nations League zum Leben erweckte, war die Kritik von allen Seiten gross. Der Wettbewerb lässt sich besser vermarkten als Testspiele und so fliesst noch mehr Geld in die Kasse des Veranstalters. Die sportliche Relevanz hält sich – zumindest für die grossen Nationen – in Grenzen. Dass die UEFA bei der Einführung des Wettbewerbs in erster Linie an die Fans gedacht hat, ist nicht anzunehmen. Doch genau so fühlt es sich an. Denn die Spiele sind hundertmal interessanter als herkömmliche Testspiele.

Testspiele, das hat uns die Partie zwischen der Schweiz und Katar deutlich vor Augen geführt, sind mühsame Pflichttermine. Die Spieler haben keinen Bock darauf, die Fans genau so wenig. Das Resultat spielt dort keine Rolle und die zweite Halbzeit war seit jeher ein Graus, selbst wenn der Gegner Deutschland oder Brasilien hiess. Oft wurden auf beiden Seiten bis zu sechs Spieler aus-, respektive eingewechselt. Der Spielfluss hat darunter meist massiv gelitten. Solche Wechselorgien gibt es in der Nations League nicht.

Kroatien bebt nach Siegtreffer

Eine zweite Halbzeit, wie im Spiel zwischen Kroatien und Spanien, das hätte es im Testspielmodus in tausend Jahren nicht gegeben. Fünf Tore haben die Zuschauer gesehen, der Siegtreffer fiel in der 93. Minute, weil die Kroaten bis zur letzten Sekunde alles in die Waagschale geworfen haben, um die Chance auf den Gruppensieg zu wahren. Nach dem Tor von Tin Jedvaj brachen alle Dämme, die Mitspieler stürzten sich auf ihn und es würde nicht erstaunen, wenn heute wieder einmal eine Meldung die Runde macht, dass die Fans die Erde mit ihrem Gehüpfe zum Zittern gebracht haben.

Die Ausgangslage vor dem letzten Gruppenspiel zwischen England und Kroatien könnte nicht spannender sein. Der Gewinner qualifiziert sich fürs Finalturnier, der Verlierer steigt ab. Bei einem Unentschieden bleibt Spanien auf dem Thron, Vizeweltmeister Kroatien stiege in die Liga B ab. Man darf sich auf ein weiteres Spiel auf höchstem Niveau freuen, bei dem sich die Akteure rein gar nichts schenken werden.

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