Kommentar Herr Petkovic, es ist nicht der richtige Zeitpunkt für Ihren Abgang

Von Jan Arnet

26.7.2021

Will die Schweizer Nati offenbar verlassen: Vladimir Petkovic.
Will die Schweizer Nati offenbar verlassen: Vladimir Petkovic.
Bild: Keystone

Vladimir Petkovic soll sich mit Ligue-1-Klub Girondins Bordeaux geeinigt haben und die Schweizer Nati verlassen wollen. Sollten sich die Gerüchte bewahrheiten, wäre das jammerschade. Ein Kommentar.

Von Jan Arnet

26.7.2021

Geht die Reise von Vladimir Petkovic bei der Schweizer Nati nach sieben Jahren tatsächlich zu Ende? Es sieht leider ganz danach aus. Nachdem die französische Sportzeitung «L'Équipe» berichtete, dass sich Girondins Bordeaux bereits mit dem 57-Jährigen geeinigt habe, bestätigt auch der Schweizerische Fussballverband am Montag, dass Gespräche laufen. Der SFV verweist aber auf den laufenden Vertrag des Nati-Trainers, der sich im Falle der Qualifikation für die WM automatisch bis Ende 2022 verlängert.

Bereits nach dem Viertelfinal-Aus an der EM verzichtete Petkovic auf ein Treuebekenntnis und wich der Frage zu seiner Zukunft aus. «Im Fussball kann es schnell gehen – nicht nur in einer einzelnen Partie. Als Trainer fälle ich auch die Entscheide nicht selber», sagte er. Nun will er die Nati offenbar tatsächlich per sofort Richtung Frankreich verlassen. Ausgerechnet jetzt.

Nicht nur wegen der erfolgreichen EM wäre der Zeitpunkt für einen Trainerwechsel in der Nati jetzt alles andere als ideal. Die Mannschaft scheint nach dem Umbruch vor drei Jahren jetzt richtig zusammengewachsen zu sein. Das Potenzial ist so gross wie wohl noch nie zuvor. Die meisten Spieler befinden sich im besten Fussballeralter, sind noch jung und hungrig und haben doch schon eine Menge Erfahrung. Und es wird bis zur WM 2022 auch keine grossen Veränderungen geben. Nach der EM hat einzig Admir Mehmedi seinen Rücktritt bekannt gegeben. 



Nati ist schon mitten in WM-Kampagne

Was dazu kommt: Die Nati befindet sich schon mitten in der schwierigen WM-Qualifikation, wo es jeweils nur der Gruppenerste direkt an die Endrunde schafft. Die Schweiz ist zwar mit zwei Siegen gut in die Quali gestartet, trifft in ihrer Gruppe aber auch noch auf Europameister Italien. Zu erwarten ist, dass die Nati wie schon vor der WM 2018 in die Barrage muss.

Ohne Vladimir Petkovic, der diese Mannschaft kennt wie kein anderer und mittlerweile auch vollstes Vertrauen der Spieler geniesst? Es wäre alles andere als wünschenswert. Petkovic ist mit einem Punkteschnitt von 1,79 Zählern nicht nur der erfolgreichste Nati-Trainer aller Zeiten, es gibt auch keinen Coach, der länger an der Seitenlinie der Schweizer stand (78 Spiele).

Umso grösser ist das Fragezeichen hinter dem möglichen Nachfolger. Als Erstes kommt natürlich der Name des zurzeit vereinslosen Lucien Favre auf. Doch dieser hat in Vergangenheit mehrmals betont, dass ihn die Nati nicht reize. Ausserdem sagte Favre erst kürzlich, dass er in diesem Sommer keine Mannschaft übernehmen werde.

Bleibt zu hoffen, dass der SFV Petkovic doch noch vom Verbleib bis 2022 überzeugen kann. Ansonsten steuert die Nati womöglich mal wieder auf turbulente Monate zu.