Football Leaks Hinterzimmer-Deals: Wie und weshalb Infantino PSG rettete

pat

6.11.2018

PSG-Präsident Nassar Al-Khelaifi und Gianni Infantino haben das Heu auf der gleichen Bühne.
PSG-Präsident Nassar Al-Khelaifi und Gianni Infantino haben das Heu auf der gleichen Bühne.
Bild: Getty Images

Würde FIFA-Präsident Gianni Infantino ein «normales» Unternehmen führen, wäre er wohl längst entlassen worden. Geschäfte, wie sie die «Football Leaks» aufdecken, ordnet man normalerweise anderen «Organisationen» zu.


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Die Doku «Football Leaks: Gier, Lügen und geheime Deals», die am Sonntagabend bei ARD ausgestrahlt wurde, will zeigen, wie Gianni Infantino, damals noch Generalsekretär bei der UEFA, Paris Saint-Germian (PSG) rettete.

Der Reihe nach: Katar ist ein kleines Land am persischen Golf – und eines der reichsten der Welt. Riesige Ölvorkommen und Erdgas verhelfen den Scheichs zu unfassbarem Reichtum. Doch die Welt steht im Wandel, Katar braucht auf lange Sicht neue Einnahmequellen. Hier kommen der Sport und der Fussball ins Spiel, die Katar auf der Welt bekannter machen sollen. Die «gekaufte» WM 2022 gehört zu diesem Plan, aber auch das Investment in PSG. Der französische Hauptstadtklub wurde vor sieben Jahren von einem katarischen Staatsfonds gekauft und damit gehört der Verein quasi zu Katar.

Die dreiste Lüge von PSG-Boss Al-Khelaifi

Nassar Al-Khelaifi hat den Auftrag, PSG zur besten Mannschaft Europas zu machen. Er ist nicht nur der Präsident des Vereins, er ist auch der Boss des Staatsfonds, der PSG gekauft hat. Al-Khelaifi sagt: «Vom ersten Tag an, waren wir sehr transparent und das werden wir auch bleiben. Beim Financial Fair-Play halten wir uns an die Regeln, also gibt es keine Probleme.» Eine dreiste Lüge. Denn das finanzielle Fair-Play verbietet, dass Katar unbegrenzt Geld nach Paris überweist. Die Regel wurde eingeführt, damit der Wettbewerb fair bleibt und nicht der gewinnt, der den potentesten Investor hat.

Die Sponsoren von PSG kommen fast ausnahmslos aus Doha, etwa die katarische Nationalbank, ein staatlicher Telefonanbieter und ein TV-Sender. Der grösste Sponsor ist die Tourismusbehörde. Aus den Football-Leaks-Daten geht hervor, dass in sieben Jahren die gigantische Summe von 1,89 Milliarden Euro von Katar nach Paris floss. Gutachter kommen zum Schluss, dass es keine rationale Erklärung für die hohen Summen gibt, sie seien enorm aufgeblasen. Die Verträge scheinen dafür gemacht, das Financial Fairplay zu umgehen. Die UEFA liess deshalb überprüfen, welchen realen Wert die Werbeverträge der katarischen Tourismusbehörde haben: Rund drei Millionen Euro sollen es demnach sein. PSG berechnet aber einen Wert von 200 Millionen Euro pro Jahr. Ohne die aufgeblasenen Verträge hätte PSG ein millionenschweres Defizit.



Infantino verhindert den Untergang von PSG

2013 ermittelt die UEFA deshalb gegen PSG, bis sich der damalige Generalsekretär Gianni Infantino persönlich einmischt. Dazu ist er gar nicht befugt, die Ermittlungen sind Sache der Finanz-Kontrollkammer. Auf Wunsch von PSG wird er dennoch aktiv, trifft sich mehrmals – und den Berichten zufolge heimlich – mit den PSG-Chefs Nasser Al-Khelaifi und Jean-Claude Blanc und versucht einen Deal auszuhandeln. In einem Mail schreibt Infantino: «Ich bin optimistisch, dass wir eine Lösung finden.» Am Ende findet er eine Lösung, fast ohne Strafe für PSG. Obwohl Gutachter den Sponsorenvertrag mit der Tourismusbehörde mit 2,78 Millionen bewertet haben, darf er 100 Millionen wert sein. PSG zahlt eine Strafe von 20 Millionen Euro, ein Ausschluss aus der Champions League ist kein Thema mehr.

Hassan Al Ibrahim von der Tourismusbehörde sagt: «Wir bezahlen nicht zu viel, wir bezahlen einen fairen Preis für den Werbevertrag. Wir ernten die Früchte eines wichtigen Fussballvereins und haben Teil an dem grossen Wachstum auf dem europäischen Markt.» Es handle sich um «Nation Branding» und es gehe darum, das Image Katars zu verbessern. Es handle sich nicht um einen klassischen Sponsorenvertrag.

Warum wurde PSG nicht gesperrt?

Die UEFA würde sich selber grossen finanziellen Schaden zufügen, würde sie die Financial-Fairplay-Regeln bei Top-Vereinen anwenden. Gegen kleine Vereine geht sie indessen rigoros vor: So wurde etwa dem FC Sion im April wegen Nicht-Einhaltens der Lizenzbestimmungen ein zweijähriges Teilnahme-Verbot an allen europäischen Wettbewerben aufgebrummt.

Sion-Boss Christian Constantin erklärt in der Sendung, dass die Sperre zu Unrecht gesprochen wurde. Ob das stimmt oder nicht? Wir wissen es nicht. Doch eine Aussage von Constantin ist interessant, weil sie plausibel ist: «Man wird immer die grossen Vereine schützen, denn die kann man nicht einfach von der Champions League ausschliessen, dafür sind die Fernsehgelder zu wichtig. Die Sender würden niemals das gleiche zahlen, wenn Barcelona, Real Madrid, PSG oder Bayern München nicht dabei wären.» Es scheint die logische Erklärung zu sein, weshalb Infantino, der damalige UEFA-Generalsekretär und heutige FIFA-Präsident, alles daran setzte, dass PSG nicht gesperrt wurde.

Ergänzung: PSG ist nicht der einzige Verein, der gegen die Regeln der UEFA verstösst. In der Sendung explizit erwähnt wurde Manchester City. Diverse weitere namhafte Klubs, dürften vergleichbare Deals «ausgearbeitet» haben.

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