«Bin nur am Weinen» Deutschlands Ex-Trainerin Voss-Tecklenburg bricht ihr Schweigen

dpa/lbe

21.11.2023 - 16:00

Ex-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat erstmals über ihre psychischen Probleme nach dem WM-Aus der deutschen Fussballerinnen gesprochen.
Ex-Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg hat erstmals über ihre psychischen Probleme nach dem WM-Aus der deutschen Fussballerinnen gesprochen.
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Zuletzt Ärger wegen zweier Vorträge und die Vertragsauflösung beim DFB, davor viele Rätsel um ihr Befinden: Martina Voss-Tecklenburg erklärt jetzt, was mit ihr los war in den vergangenen Monaten.

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  • Martina Voss-Tecklenburg spricht erstmals nach ihrer Absetzung als Bundestrainerin über ihre Erkrankung. 
  • Voss-Tecklenburg kämpft nach eigenen Aussagen schon vor der WM mit Problemen, die sich nach dem Debakel ihrer Mannschaft verschlimmern. «Ich bin dann quasi komplett zusammengebrochen», verdeutlicht die 55-Jährige. 
  • Voss-Tecklenburg spricht von einem Kommunikationsdesaster, gesteht aber auch einen eigenen Fehler ein.

Monatelang war Martina Voss-Tecklenburg abgetaucht, jetzt spricht die Ex-Bundestrainerin der deutschen Fussballerinnen emotional und durchaus selbstkritisch erstmals über ihre Erkrankung – und ihre Fehler.

Ein Gefühl von Druck auf der Brust, Panikattacken und Schlaflosigkeit seien die Folge des WM-Debakels und dessen Aufarbeitung gewesen, sagte die 55-Jährige in einem ZDF-Interview: «Ich bin dann quasi komplett zusammengebrochen.» 

Die Ängste, die Unsicherheit und die Leere in ihrem Kopf seien immer stärker geworden – fast so, «als hätte man mir den Stecker gezogen». Der Deutsche Fussball-Bund hatte Anfang September bekannt gegeben, dass Voss-Tecklenburg erkrankt sei. Nach einer langen Hängepartie setzte der DFB Horst Hrubesch dann als Interimstrainer für die deutschen Frauen ein, die bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland in der Vorrunde gescheitert waren – ein Jahr nach dem starken Auftritt bei der Europameisterschaft in England und dem nur knapp verpassten Titel.

Öffentliche Auftritte sorgten für Kritik

Den bis 2025 laufenden Vertrag mit Voss-Tecklenburg hatte der DFB Anfang des Monats aufgelöst. In der Amtszeit der früheren Nationalspielerin seien «im Bereich des Frauenfussballs wichtige Impulse gesetzt» worden, erklärte Verbandsboss Bernd Neuendorf in einem kurzen Statement.

Voss-Tecklenburg hatte abgesehen von dem WM-Debakel des Turniermitfavoriten zuletzt auch Kritik auf sich gezogen, weil sie zwei Vorträge hielt, obwohl sie zu jenem Zeitpunkt vom DFB noch nicht wieder als gesund gemeldet worden war. «Ich habe dann die öffentlichen Auftritte gemacht. Im Nachhinein kann man sagen: Wie dumm – Fehler», sagte Voss-Tecklenburg nun.

Sie habe Erholungsurlaub und den Resturlaub des Jahres genommen, «um komplett gesund zu werden, diese Wochen einfach noch mal zu nutzen, zurückzukommen, wieder am Leben teilnehmen zu können». Eine gemeinschaftliche Presseerklärung sei damals aus unterschiedlichen Gründen nicht zustande gekommen. Auf die Frage, ob es ein absolutes Kommunikationsdesaster gewesen sei, sagte die ehemalige Bundestrainerin: «Zum Teil war's das.»

«Mir ging es vor der WM schon nicht gut»

«Ich war krank und ich wusste auch nicht, wie lang geht dieser Prozess. Ich habe gemerkt, ich muss jetzt nur für mich da sein», sagte Voss-Tecklenburg in dem Interview über die Zeit davor. Sie habe gemerkt: «Der Kopf ist leer. Ich bin nur am Weinen. Ich bin nicht in der Lage, konstruktiv zu denken.» Der Rat ihres Arztes sei klar gewesen: Sich erst mal rauszuziehen, um die Gefahr von depressiven Schüben zu minimieren.

«Mir ging es nicht gut. Mir ging es vor der WM schon nicht gut», sagte Voss-Tecklenburg. Schlaflosigkeit begleitete sie schon seit Jahren. Sie habe während ihrer Erkrankung ganz viele Infektionen gehabt und sechs Kilo abgenommen. «Ich habe vier Wochen hier gelegen, konnte nichts machen.»

Schon in den Testspielen vor Australien hatten die Vize-Europameisterinnen geschwächelt. Nach dem WM-Aus habe sie versucht, die Spielerinnen wieder aufzurichten, ihnen Mut zu machen. «Alle haben irgendwie versucht, ein Stück weit auch zu funktionieren, ihrer Aufgabe gerecht zu werden.» Aber die Stimmung sei natürlich extrem bedrückend gewesen, sagte Voss-Tecklenburg.

Das habe sich auch zu Hause nicht geändert. Nach mehreren Treffen mit dem Trainerstab habe in ihr der Gedanke genagt, ob sie noch die Richtige für das Amt sei – «als Trainerin, als Person, als Mensch.» Intern und auch öffentlich hatte es Kritik an Voss-Tecklenburg gegeben. Von den Spielerinnen um Kapitänin Alexandra Popp machte sich öffentlich zuletzt keine mehr für eine Rückkehr der einstigen Bundestrainerin stark. Auf die Frage, wie es ihr gehe, sagte Voss-Tecklenburg zu Beginn des Interviews: «Gut – wieder. Ich bin auf einem guten Weg.»