32 Stunden nach seinem Rücktritt erklärt Jürgen Klinsmann auf Facebook das plötzliche Aus bei Hertha Berlin. Der 55-Jährige räumt zwar Fehler ein, setzt sich aber auch zur Wehr.
Mit ernstem Blick sitzt Jürgen Klinsmann an einem silbernen Laptop. In einem gut 13-minütigen Monolog entschuldigt sich der frühere Bundestrainer vor einer Internet-Kamera erst bei den Fans von Hertha BSC für die Umstände seines Hauruck-Abgangs: «Die Art und Weise ist natürlich fragwürdig und kritikfähig. Immer wenn man eine negative Botschaft macht, wird sie nicht gut rüberkommen. Wenn das so der Fall war, möchte ich mich auch dafür entschuldigen», sagt der Deutsche im Videochat über den Rücktritt als Chefcoach nach nur elf Wochen.
Klinsmann räumt Fehler ein. «Ich hätte mir vielleicht mehr Zeit lassen und mehr mit der Hertha-Führung reden sollen, das Ganze nochmal aufzuarbeiten. Dann wäre es vielleicht nicht zu dieser Aktion gekommen – wobei das einfach ein Prozess war, der in mir schon seit Wochen angelaufen ist.»
Keine klare Kompetenzaufteilung
Klinsmann erzählt, wie sich bei ihm nach dem enthusiastischen Start in Berlin eine richtige Freude entwickelte. Deshalb habe er der Vereinsleitung im Januar im Trainingslager in Florida mitgeteilt, dass er sich vorstellen könne, länger bei der Hertha zu bleiben. Zu einer Einigung kommt es aber nicht. «Ich bin bis heute im Prinzip im vertragslosen Zustand. Wir haben es leider nicht geschafft, einen Vertrag mit genauer Aufgabentrennung zu entwickeln», sagt Klinsmann und fügt an: «Mit Geld hat das überhaupt nichts zu tun. Das Geld war nie ein Thema.»
Vielmehr sei es daran gescheitert, eine klare Kompetenzaufteilung zu bestimmen. «Das betrifft in erster Linie mich und auch Michael Preetz», stellt Klinsmann klar. Er selbst sei sich nicht gewohnt, dass ein Manager am Spielfeldrand auf der Bank sitzt und sich miteinbringt. «Es hat mir unglaublich aufgestossen, dass der Manager immer da sitzt und seine Kommentare gibt zu den Spielern oder zum Schiedsrichter. (…) Das ist in Deutschland halt anders. Da ist eine Struktur da, in der die ganze Führungsebene mitredet. Aber letztendlich kann nur einer entscheiden – das muss in meinem Ermessen der Trainer sein.»
«Da haben wir uns leider aufgerieben»
Preetz habe diese Meinung allerdings nicht geteilt. «Da haben wir uns leider aufgerieben, auf vielen kleinen Nebenkriegsschauplätzen über die letzten neun Wochen», schildert Klinsmann. Schliesslich haben die Momente nach der Niederlage in Mainz das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. «Dann habe ich so gut wie nicht geschlafen die Nacht und bin dann früh am Morgen reinmarschiert. Und dann bin ich halt ein Typ, der vor sich selbst nicht mehr Halt machen kann.»
Seine geleistete Arbeit bei der Hertha bewertet Klinsmann als positiv, er habe auch kein Chaos hinterlassen: «Der Klub geht in die richtige Richtung.» Am Donnerstag wollen sich auch Sport-Geschäftsführer Preetz, Investor Lars Windhorst und Klubpräsident Werner Gegenbauer auf einer Pressekonferenz äussern.