Historisch, aber ohne jede Geschichte. Ohne Tore und ohne Publikum. So bleibt das erste Fussball-Länderspiel zwischen Nordkorea und Südkorea im Rahmen der asiatischen WM-Qualifikation in Erinnerung.
Es ist noch lange nicht zwei Jahre her, dass sich Südkoreas Präsident Moon Jae-In und Nordkoreas Führer Kim Jong-un an den Olympischen Spielen in Pyeongchang bei drei inszenierten Gelegenheiten küssten und herzten und umarmten. Die starken Mauern zwischen den seit dem Ende des Korea-Krieges 1953 offiziell gegeneinander im Kriegszustand befindlichen Halbinselstaaten könnten bald einmal fallen, dachte man allenthalben in der ganzen Welt.
Im Oktober 2019 könnte die Stimmung nicht frostiger sein. Zu merken ist es sogar im Sport. In diesem Konflikt scheint derzeit auch der Sport kein Türöffner mehr zu sein.
Im Stadion «Kim Il-Sung» waren weder Fans noch Journalisten anwesend. Nirgendwohin wurde der Match übertragen. Von dem, was sich auf dem Rasen abspielte, weiss man nur, dass Südkorea drei, Nordkorea zwei Spieler auswechselte. Und dass je zwei Spieler verwarnt wurden. Diese einzigen bekannten Fakten kann man der Website des asiatischen Fussballverbandes AFC entnehmen.
Als Südkoreas renommierter portugiesischer Nationalcoach am Abend vor dem Spiel eine Pressekonferenz gab und demnach eigentlich zur Öffentlichkeit hätte sprechen wollen, waren sieben Journalisten zugegen; fünf nordkoreanische Journalisten und zwei Kollegen vom AFC. Also drang überhaupt nichts in die Welt. Die AFC-Journalisten konnten oder durften vor Ort nicht arbeiten. Ihnen wurde kein Zugriff aufs Netz gewährt.
Infantino: «Es ist ein grosses Vergnügen, hier zu sein»
Fernsehaufnahmen vom Spiel, von dem auch nordkoreanische Zuschauer weitgehend ausgeschlossen waren, soll es scheinbar geben. Nordkorea verspricht Südkorea, dass es die Bilder «später» bekommen werde und seinen Fans werde zeigen können. Bis die Fans ihre Mannschaft und besonders ihren Helden Son Heung-Min von Tottenham Hotspur werden sehen können, könnte es eine Weile dauern. Ob sie dann noch ein altes Spiel sehen wollen, von dem sie von vornherein wissen, dass es 0:0 ausgeht, werden sie selber entscheiden müssen. Immerhin habe Nordkorea versprochen, der südkoreanischen Delegation eine DVD vom Spiel in ganzer Länge auf den Heimweg zu geben. Ob das Versprechen eingehalten wurde, ist nicht bekannt.
Südkoreas Fussballverband KFA stellte ein paar Fotos aus dem Stadion ins Netz, die zeigten, dass die südkoreanische Nationalflagge am Mast hing. Südkoreas Fahne in Pjöngjang. Das allein war ein einmaliger Moment. Nach dem Comment der FIFA sind an offiziellen Fussballspielen die Fahnen beider Länder aufzuziehen. Dem ist Nordkorea nachgekommen, auf diese Weise vielleicht eine Busse vermeidend. Auf den wenigen Bildern ist auch zu sehen, dass es während des Spiels heftig geblitzt und gewittert haben musste.
Unter den wenigen Zuschauern war FIFA-Präsident Gianni Infantino. Mit striktester Diplomatie sagte er, als er am Flughafen vom nordkoreanischen Verbandspräsidenten begrüsst worden war: «Es ist ein grosses Vergnügen, hier zu sein.»