«Thema unterschätzt» Löw über WM-Auftritt: «Fast schon arrogant» ++ Özil am Telefon nicht erreichbar

dpa / syl

29.8.2018

Joachim Löw räumt eigene Fehleinschätzungen ein, ist aber weiter absolut überzeugt von der Qualität seines Kaders. Nach dem WM-Debakel versetzt er seinen Assistenten Schneider und streicht Ex-Weltmeister Khedira. Drei Talente dürfen vorspielen. 

Joachim Löw hat auf die WM-Blamage von Russland mit der Versetzung von Co-Trainer Thomas Schneider, dem Verzicht auf Ex-Weltmeister Sami Khedira und der Berufung von drei Talenten reagiert.

Insgesamt sind beim Neubeginn noch 17 Spieler aus dem WM-Kader dabei. Dazu kommen die Länderspiel-Neulinge Thilo Kehrer (Paris Saint-Germain), Nico Schulz (1899 Hoffenheim) und Kai Havertz (Bayer Leverkusen). Aus dem WM-Aufgebot hatten zuvor lediglich Mesut Özil und Mario Gomez ihren Rücktritt erklärt. Dazu sind derzeit der dritte Torhüter Kevin Trapp sowie der derzeit verletzte Marvin Plattenhardt und der Neu-Schalker Sebastian Rudy aussen vor.

Thilo Kehrers Aufstieg geht weiter.
Thilo Kehrers Aufstieg geht weiter.
Bild: Getty Images

Co-Trainer Schneider wird «wegbefördert»

Der Trainerstab der deutschen Fussball-Nationalmannschaft wird zukünftig neben Löw nur noch aus Assistent Marcus Sorg und Torwarttrainer Andreas Köpke bestehen. Schneider soll zukünftig die Scouting-Abteilung des DFB leiten. 

Löw räumte bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach dem Vorrunden-K.o. in Kasan eigene Fehleinschätzungen ein. «Mein allergrösster Fehler war, dass ich geglaubt habe, dass wir mit unserem dominanten Stil durch die Vorrunde kommen. Wenn wir dieses Spiel spielen, müssen alle Rahmenbedingungen stimmen, damit wir dieses hohe Risiko auch tolerieren können. Diese Rahmenbedingungen haben in diesen Spielen bei uns nicht gepasst», sagte der Bundestrainer. «Es war fast schon arrogant. Ich wollte das auf die Spitze treiben und es noch mehr perfektionieren. Ich hätte die Mannschaft vorbereiten müssen so wie es 2014 der Fall war, als es eine Ausgewogenheit gab zwischen Offensive und Defensive.»

Bierhoff sieht das Fehlen der richtigen Einstellung als einen Hauptgrund für das historische Scheitern in Russland. Erstmals bei einer WM war ein DFB-Team schon in der Vorrunde gescheitert. «Wir sind selbstgefällig aufgetreten, wir haben die Unterstützung der Fans für zu selbstverständlich gehalten», sagte Bierhoff. Man habe gedacht, dass das ein Selbstläufer sei.

Jögi Löw und Oliver Bierhoff (r.) hatten Erklärungsbedarf.
Jögi Löw und Oliver Bierhoff (r.) hatten Erklärungsbedarf.
Bild: Keystone

Thema Özil «unterschätzt» 

Die Sportliche Leitung der Nationalmannschaft habe vor und während der Fussball-WM in Russland das Thema Mesut Özil «absolut unterschätzt», räumte Löw ein. «Wir dachten, dass wir das Thema aus der Welt schaffen mit dem Treffen beim Bundespräsidenten. Mein einziger wichtiger Gedanke war, uns richtig auf die WM vorzubereiten», sagte der 58-Jährige zu den Fotos von Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan.

Er habe mehrfach versucht, Özil zu erreichen, sagte Löw. «Es ist mir nicht gelungen, ihn ans Telefon zu bekommen.» Das müsse er nun akzeptieren. «Dieses Thema hat Kraft gekostet, dieses Thema war nervenaufreibend, weil es immer wieder da war», ergänzte Löw. Es sei aber nicht der Grund für das vorzeitige WM-Aus in Russland gewesen.

Mesut Özil ghostet offenbar Löw.
Mesut Özil ghostet offenbar Löw.
Bild: Getty Images

Mit Blick auf Gündogan appellierte Löw an die Fans, den Profi nicht mehr auszupfeifen. «Ich hoffe auf das Verständnis von allen Fans. Er hat unter der Situation sehr gelitten», sagte Löw und fügte hinzu: «Ilkay hat sich nochmals bekannt zu den deutschen Werten, zur Mannschaft.» Eine Nichtberücksichtigung des Profis von Manchester City sei kein Thema gewesen. «Ich sehe in ihm einen Spieler, der den Durchbruch bei uns schafft», sagte Löw.

Unterdessen verteidigte Löw seine Mannschaft gegen Vorwürfe über mangelnde Professionalität im WM-Quartier. «Unsere Spieler sind wirklich wahnsinnig professionell», sagte der 58-Jährige, räumte aber auch ein, dass einmal zwei Tage nach einem Spiel das Internet abgestellt worden sei. «In der Regel sind unsere Spieler auf ihren Zimmern. Was sie da machen, werden wir auch nicht immer kontrollieren. Dass sie nachts mal im Internet sind, ist alles auch nicht völlig unnormal. Das waren nicht die entscheidenden Dinge, dass wir das vergeigt haben.»

Das DFB-Aufgebot

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