Eigentlich war Lucas Moura nur Lückenfüller, doch dann sicherte er sich einen Platz in den Geschichtsbüchern der Champions League. Die Lobeshymnen hat der Brasilianer absolut verdient.
«Ich habe immer gesagt, dass meine Spieler Helden sind. Jetzt sind sie Superhelden», sagte Teammanager Mauricio Pochettino: «Und Lucas Moura ein Supersuperheld.» Mittelfeldspieler Christian Eriksen erklärte: «Ich hoffe, sie bauen ihm eine Statue in England.»
Nach dem 0:1 im Hinspiel in London und dem 0:2-Pausenrückstand bei Ajax Amsterdam schien der Traum vom ersten Champions-League-Endspiel für die Spurs schon beendet. Drei Tore brauchten sie. Sie gelangen. Und alle schoss Lucas Moura, das letzte in der sechsten Minute der Nachspielzeit. «Das war ein grosses Geschenk von Gott», sagte der fünfte Dreifach-Torschütze eines Champions-League-Halbfinals: «Und ich möchte es mit meinen Teamkollegen und meiner Familie teilen.»
Und führte aus: «Heute war der beste Tag meiner Karriere und meines Lebens». Eriksen erklärte: «Er hatte eine Achterbahn-Saison. Heute hiess unser Rezept: Herz und Moura. Diesen Moment hat er verdient.»
Folgt jetzt der endgültige Durchbruch?
Die französische Sportzeitung L’Équipe gab dem 35-fachen brasilianischen Nationalspieler für seine Vorstellung eine glatte «10». Er ist erst der zehnte Spieler in der Geschichte, der die Höchstnote erhielt. Dazu ist Lucas Moura erst der fünfte Profi in der Geschichte der Champions League, dem im Halbfinale ein Hattrick gelang (nach Alessandro Del Piero, Ivica Olic, Robert Lewandowski und Cristiano Ronaldo). Sein Treffer in der 96. Minute ist das späteste Siegestor in der Geschichte der europäischen Fussballwettbewerbe. Alle drei Tore erzielte er übrigens mit seinem «schwächeren» linken Fuss.
Dabei war der 26-Jährige über Grossteile der Saison nur Ergänzungsspieler. Im Angriff waren Harry Kane und Heung-Min Son gesetzt, im offensiven Mittelfeld spielten oft Christian Eriksen und Delle Alli. Und mit Fernando Llorente und Erik Lamela kämpf(t)en noch andere Hochkaräter um einen Stammplatz.
Doch der pfeilschnelle Lucas ist sich das Kämpfen gewohnt. Nach seinem Debüt bei São Paulo 2010 landete er 2013 beim PSG, der für das Talent 45 Millionen Euro ausgab. Doch in der französischen Hauptstadt standen ihm in seinen fünf Jahren meist andere Spieler vor der Sonne. Und in der Amtszeit von Trainer Unai Emery wurde es noch schlimmer – oft war er gar nicht im Kader. Lucas erklärt: «Es waren die schlimmsten sieben Monate meines Lebens.
Mit der Ankunft von Kylian Mbappé und vor allem Neymar war seine Zeit in Paris abgelaufen, es gab keinen Platz mehr für ihn. Bittere Ironie: Lucas und Neymar, die sich aus der brasilianischen Junioren-Auswahl kennen, sind seit langem gute Freunde. So wechselte er im Sommer 2018 für knapp 30 Millionen Euro zu Tottenham. Gut investiertes Geld für die zuletzt so sparsamen Spurs. Nun zittert sogar Superstar Harry Kane vor ihm, wie der Engländer verschmitzt erklärte: «Jetzt muss ich nach meiner Rückkehr im Training mehr Gas geben und mich beweisen. Hoffentlich stehe ich dann in der Startelf.»