Kommentar Mehr Arroganz – was die Schweiz von den DFB-Stars lernen kann

Von Syl Battistuzzi

7.9.2020

Jogi Löw (l.) und Toni Kroos erläutern nach der Partie gegen die Schweiz die Gründe für das Remis.
Jogi Löw (l.) und Toni Kroos erläutern nach der Partie gegen die Schweiz die Gründe für das Remis.
Bild: Keystone

90 Minuten hat man auf dem Platz keinen Unterschied zwischen der Schweiz und Deutschland gesehen. Dafür gab es danach Anschauungsunterricht, wie man sich stark redet. Ein Kommentar.

Die Schweiz holt in der zweiten Partie der Nations League ihren ersten Punkt. Das Team von Vladimir Petkovic trennt sich in Basel nach einer guten Leistung von Deutschland 1:1.

Während man im Schweizer Lager stolz ist, herrscht beim nördlichen Nachbarn eine andere Stimmung. Dem glücklichen Punktgewinn können  die DFB-Stars nichts abgewinnen. «Ich bin auch ein bisschen angepisst. Wir haben unnötig Bälle verloren (...) Insgesamt ist es sehr ärgerlich, und es geht mir ein bisschen auf den Sack», so Ilkay Gündogan gegenüber «ZDF». 

Der Manchester-City-Profi beendete sein Interview mit den Worten: «Das war total unnötig, wir hätten hier auch 2:0 oder 3:0 gewinnen können.» Dass die Schweiz insgesamt ein Chancenplus hatte, ist dem Torschützen zum 1:0 wohl entgangen.

Sein Partner in der Mittelfeld-Zentrale, Toni Kroos, sprach davon, dass die Mannschaft nicht eingespielt sei. «Trotzdem müssen wir es hintenraus besser machen. Wir hatten viel zu viele Ballverluste», so der Mittelfeldspieler von Real Madrid. Ein Wort über den starken Gegner kam auch ihm nicht über die Lippen.



Eingeredetes Selbstbewusstsein 

Auch Jogi Löw redete praktisch nicht über die Vorstellung der Schweizer. Das Resultat kam aus seiner Sicht vor allem zustande, weil in der zweiten Halbzeit die Kraft ausging. «Wenn man dann das 2:0 nicht macht, dann kommt der Gegner zurück», hält der Bundestrainer fest. Dass die Deutschen in der letzten halben Stunden auch wegen des starken Pressings von Xhaka und Co. stark unter Druck gerieten, war absolut kein Thema.

Dieses Selbstverständnis, wie sich die deutschen Spieler nur mit ihrer Leistung auseinandersetzten, war bemerkenswert. Als Kontrast dazu diente der Schweizer Torschütze Silvan Widmer, der im deutschen Fernsehen meinte: «Das Resultat geht in Ordnung so.»

Besser hätte man den Unterschied in der Denkweise nicht zeigen können. Während es bei den Deutschen nur so von sportlicher Arroganz triefte, machten sich die Schweizer kleiner, als sie waren. Und sind. Deshalb sind selbstbewusste Leaderfiguren wie Granit Xhaka umso wichtiger. Der Nati-Spielmacher zeigte sich nach dem Spiel unzufrieden: «Wir hätten viel mehr verdient.»

Die Nationalmannschaft steht mit einem Punkt nach zwei von sechs Spielen bereits mächtig unter Druck. Darum müssen und sollen sich die SFV-Stars eine Scheibe vom vierfachen Weltmeister abschneiden, der auch nur mit zwei Remis in die Kampagne startete, aber keinen Zweifel über einen positiven Ausgang offen lässt. Der Glaube an sich ist schliesslich die stärkste Waffe auf dem Platz.



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