«Alarmierende» Kritik Gladbach unter Adi Hütter mit schlechtestem Start seit 17 Jahren

sda

20.9.2021 - 09:54

Der neue Gladbach-Trainer Adi Hütter muss die Erfolgsformel mit der Borussia noch finden
Der neue Gladbach-Trainer Adi Hütter muss die Erfolgsformel mit der Borussia noch finden
KEYSTONE/EPA/SASCHA STEINBACH

Borussia Mönchengladbach kommt mit Adi Hütter einfach nicht auf Touren. Auch Yann Sommer äussert nun erstmals Kritik

Es begann alles so vielversprechend. Als Borussia Mönchengladbach am 13. August im Eröffnungsspiel der Bundesligasaison Bayern München empfing, zeigten die Gladbacher keinen übermässigen Respekt vor dem Meister der letzten neun Jahre. Im Gegenteil. Die Mannschaft des neuen Trainers Adi Hütter spielte aggressiv, zog das Pressing früh und hoch an und setzte die Münchner damit unter Druck. Nach 10 Minuten traf Alassane Pléa zur Führung, und selbst nach dem Ausgleich durch Robert Lewandowski blieben die Gladbacher spielbestimmend.



Ein Sieg wäre durchaus verdient gewesen, verwehrte der Schiedsrichter den Fohlen nach umstrittenen Szenen mit Stürmer Marcus Thuram im Strafraum in der Schlussphase zweimal einen Penalty. Trotzdem war dieses 1:1 gegen die Bayern ein erstes Ausrufezeichen, und es wurde gemeinhin als Indiz dafür gedeutet, dass die Rheinländer in dieser Saison vielleicht sogar die Dominatoren der letzten Jahre würden herausfordern können.

Fünf Wochen später ist von dieser Zuversicht nichts mehr zu spüren. 0:1 verlor Gladbach am Samstag gegen das zuvor sieglose Augsburg. Der Treffer war eine Schweizer Co-Produktion: Nico Elvedi rutschte der Ball vom Fuss, Nationalmannschaftskollege Ruben Vargas übernahm und bediente Torschütze Florian Niederlechner. Dieser Treffer besiegelte die dritte Niederlage im dritten Auswärtsspiel. Nach dem Heimsieg gegen Arminia Bielefeld vor einer Woche stehen die Gladbacher nach fünf Spieltagen mit lediglich vier Punkten im 16. Rang, auf dem Relegationsplatz.

Yann Sommers «alarmierende» Kritik

Es ist der schwächste Bundesligastart eines neuen Gladbacher Trainers seit 17 Jahren. Adi Hütter war im April von Sportdirektor Max Eberl als Wunschlösung für die Nachfolge des zu Borussia Dortmund abgewanderten Marco Rose präsentiert worden. 7,5 Millionen Euro überwiesen die Gladbacher nach Frankfurt und machten Hütter zumindest bis zum Wechsel von Julian Nagelsmann zwei Wochen später von Leipzig nach München (25 Millionen Euro Ablöse) zum teuersten Trainer der Bundesligageschichte.

Der 51-jährige Österreicher soll das Team nach der verpatzten letzten Saison zurück in einen europäischen Wettbewerb führen. Nun nimmt der Druck auf den Meistertrainer der Young Boys von 2018 bereits früh zu. Die «Rheinische Post» ruft «Alarmstufe Dunkelgelb» aus, und die «Süddeutsche Zeitung» verleiht dem Gladbacher Spiel das Prädikat «schwerverdauliche Kost».

Nach der Partie in Augsburg sagte Goalie Yann Sommer, der Mannschaft habe die Kreativität im Angriff gefehlt, um sich gegen einen tiefstehenden Gegner Chancen herauszuspielen. Am Sonntagmorgen bezeichnet der ehemalige deutsche Nationalspieler Stefan Effenberg in der Diskussionssendung «Doppelpass» diese Aussage als «alarmierend».

In der traditionellen Talkrunde diskutierten Experten unter anderem über den missglückten Saisonauftakt der Gladbacher. Journalist Thomas Wagner von RTL verortet das Problem nicht bei Hütter, sondern vielmehr in den Geschehnissen der vergangenen Spielzeit. Im Februar, nach Bekanntgabe des Abgangs von Trainer Marco Rose, der die Mannschaft in der Saison zuvor in die Champions League geführt hatte, sei, so Wagner, etwas kaputtgegangen. «Die Mannschaft war geteilt in zwei Lager: In diejenigen, die den Schritt nach Dortmund nachvollziehen konnten, und in diejenigen, die enttäuscht und traurig darüber waren.» Was folgte, war eine sportliche Talfahrt und das Verpassen der Europacup-Plätze.

Hütter gibt sich kämpferisch

Im Vergleich zur letztjährigen Champions-League-Kampagne, in der die Gladbacher zweimal Schachtar Donezk bezwungen und gegen Real Madrid sowie Inter Mailand ein Unentschieden geholt hatten, ehe sie in den Achtelfinals Manchester City unterlagen, hat sich das Kader in diesem Sommer nicht stark verändert. Aus Schweizer Sicht sind Sommer und Elvedi gesetzt, auch Denis Zakaria stand in den letzten drei Partien in der Startformation. Breel Embolo kam bisher zu zwei Teileinsätzen und insgesamt 22 Minuten. Die Mannschaft ist eingespielt. Potenzial wäre also durchaus vorhanden. Es liegt an Hütter, dieses aus seinen Spielern herauszukitzeln.



Auch in Frankfurt bekundete der Vorarlberger nach seinem Wechsel aus Bern gewisse Anlaufschwierigkeiten. Er verlor sein erstes Pflichtspiel, den Supercup gegen Bayern München, sang- und klanglos 0:5, und als aus den ersten fünf Ligaspielen ebenfalls lediglich vier Punkte resultierten, wehte dem Österreicher ein rauer Wind entgegen. Knapp neun Monate später hatte er die Frankfurter sensationell in den Halbfinal der Europa League geführt, wo der spätere Sieger Chelsea in einem dramatischen Penaltyschiessen die Oberhand behielt.

Von derartigen Auftritten im Schaufenster Europas sind die Borussen derzeit weit entfernt. «Jammern bringt uns nichts.», sagte Hütter, der unlängst zum zweiten Mal nach 2019 zu Deutschlands Trainer des Jahres gewählt wurde, nach der Enttäuschung in Augsburg. «Wir müssen sehen, dass wir die Ergebnisse bringen.» Das klingt kämpferisch, dürfte aber angesichts des Spielplans kein einfaches Unterfangen werden. Am Samstag kommt es zum Duell mit Marco Rose und dem drittplatzierten Dortmund, in der darauffolgenden Woche steht das Auswärtsspiel beim Tabellenzweiten Wolfsburg an.

20.9.2021 - 09:54

sda