Bodenständig und sozial Mohamed Salah: Auch neben dem Platz Vorbild und Ikone

SDA/jar

25.5.2018

Der Überflieger der Saison 2017/18: Mohamed Salah.
Der Überflieger der Saison 2017/18: Mohamed Salah.
Getty Images

Mohamed Salah ist die grosse Attraktion dieser Fussball-Saison. Der ehemalige Basler erreichte in den letzten Monaten neue Sphären und kann am Samstag seinen erspielten Status im Champions-League-Final bestätigen.

Wer einen Überblick über die Kulturgeschichte der Menschheit erlangen will, ist im British Museum in London gut aufgehoben. Rund acht Millionen Objekte werden dort ausgestellt oder zumindest aufbewahrt. Artefakte und Mumien aus der ägyptischen Blütezeit gehören zu den meistbeachteten Ausstellungsstücken. Seit einigen Tagen sind nun auch ein Paar grelle Schuhe Teil der ägyptischen Kollektion. Die grün-blauen Fussballschuhe haben ihren Ursprung zwar in Deutschland, doch ein Ägypter hat sie museumswürdig gemacht.

«Diese Schuhe erzählen die Geschichte einer modernen ägyptischen Ikone, die im Vereinigten Königreich wirkt und einen globalen Effekt hat», freute sich das Museum über ihre letzte Akquisition. Mohamed Salah hat in den letzten Monaten nicht nur Tor an Tor gereiht, Rekorde gebrochen und seinen FC Liverpool in den Final der Champions League geschossen, sondern auch einen erstaunlichen kulturellen Stellenwert erlangt. Der Premier-League-Torschützenkönig habe viel für die Akzeptanz des Islams in England getan, urteilen manche britische Beobachter.

Wie schon bei seinen europäischen Anfängen in Basel kniet er sich nach jedem Tor hin und legt seine Stirn auf den Rasen, bevor er zurück an die Mittellinie rennt. In der laufenden Saison hat er dies für Liverpool 44 Mal getan, alleine in der Meisterschaft 32 Mal. Obwohl sich das Ritual fast Woche für Woche wiederholt, erscheint der Dank an Gott nicht aufgesetzt und aufdringlich wie bei manchen seiner Konkurrenten. Der 25-jährige Salah strahlt etwas Bodenständiges, Gutmütiges aus.

Für die Schweiz eine Attraktion – Für Ägypten unbezahlbar

Schon in Basel war das so. Das Lächeln war in den anderthalb Jahren beim FCB sein fast ständiger Begleiter. Bei allem Ernst des Geschäfts behielt er immer eine gewisse Lockerheit, strotzte den Schwierigkeiten eines neuen Lebens fern der Heimat ohne Englisch- oder Deutsch-Kenntnisse. Mit seinen Sprints und Dribblings begeisterte er als Nachfolger von Xherdan Shaqiri rasch die ganze Fussballschweiz. Bloss das Toreschiessen fiel ihm damals längst nicht so leicht wie heute. Wiederholt wurde er auch als «Chancentod» betitelt.

Für rund drei Millionen Franken war er im Sommer 2012 aus der Heimat nach Basel gekommen, für fast 20 Millionen verliess er im Januar 2014 den FCB Richtung Chelsea. Jenen Chelsea-Fans, die in diesen Tagen durch das British Museum schlendern, wird der Blick auf die Fussballschuhe vor allem schmerzhafte Erinnerungen hervorrufen. Unter José Mourinho war Salah nur ein Schatten seiner selbst und wurde vor seinem Wechsel in die Serie A im Januar 2015 kaum mehr eingesetzt. Über die Fiorentina und die AS Roma gelangte er zurück in die Premier League. Die 50 Millionen Franken, die Liverpool im letzten Sommer bezahlte, wurden zunächst in England als exzessiv bezeichnet. Heute ist er ein Vielfaches davon wert.

Für die Ägypter ist Salah seit langem unbezahlbar. Schon während seiner Zeit beim FC Basel war er in der Heimat ein Star, nun ist er ein Idol, das weit über den Sport hinaus strahlt. Eine Million Ägypter gaben Salah ihre Stimme bei der Präsidentschaftswahl im vergangenen März, obwohl er gar nicht zur Wahl stand. Er ist das Gesicht der Drogen-Prävention im 95 Millionen Einwohner zählenden nordafrikanischen Land und im ganzen arabischen Raum ein Vorbild. Von Saudi-Arabien erhielt er ein Stück Land geschenkt, weil er ein herausragender Botschafter für den Islam sei.

Seit dem 16. Mai läuft für alle gläubigen Muslime der Fastenmonat Ramadan. Trotz des bevorstehenden Champions-League-Finals will Salah nicht aufs Fasten verzichten. Aufgrund der langen Tage bedeutet das, dass der Torjäger im Vorfeld des Finals bis zu 18 Stunden am Stück keine Nahrung zu sich nehmen darf. Auch dafür erntet Salah natürlich viel Respekt.

Zwei grosse Plattformen

Gut möglich, dass Salah in der momentanen Euphorie, im Bann seiner Sprints und Tore etwas überhöht wird, doch die Begeisterung und Bewunderung, die er derzeit auslöst, sagen auch viel über den Fussballer und die Person aus. Seinem Heimatdorf Nagrig, das 130 Kilometer nördlich von Kairo liegt, spendete er schon ein Spital, eine Schule, eine Moschee und eine Kläranlage. Dem ganzen Land ermöglichte er einen Sommer im grossen Fussballfieber. Dank ihm ist Ägypten erstmals seit 1990 wieder an einer WM dabei.

Sein Spiel ist geprägt von dieser begeisternden Mischung aus Tempo, Leichtigkeit und Effizienz. Ebendiese Effizienz, die er in den letzten zwei Jahren entwickelt hat, ermöglichte ihm den Sprung zum Superstar, der sich für viele Fans bereits auf Augenhöhe mit Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo befindet. In den nächsten Wochen erhält er die bestmöglichen Plattformen, um das zu beweisen: am Samstag im Final der Champions League in Kiew gegen Real Madrid und kurz darauf in Russland bei der WM.

Zurück zur Startseite