Die Schweiz kassiert in vier Partien der Nations League zehn Gegentore. Es ist derzeit das grosse Manko im Nationalteam und wird Trainer Murat Yakin auch im November beschäftigen.
Das Positive zuerst: Obwohl die Schweiz auch im vierten Spiel der Nations League ohne Sieg blieb, zeigte sie gegen Dänemark die erhoffte Reaktion. Anders als drei Tage zuvor in Serbien, als sich das Team scheinbar wehrlos dem Schicksal ergeben hatte, traten die Schweizer in St. Gallen offensiv und willensstark auf. Nachdem man ihnen in den Tagen zuvor vorgeworfen hatte, die Nations League nicht ernst zu nehmen und den Abstieg nonchalant in Kauf zu nehmen, waren die Spieler bemüht, das Publikum vom Gegenteil zu überzeugen.
Zum Sieg reichte es nicht, weil die Schweizer Hintermannschaft erneut nicht sattelfest war. Gregor Kobel musste in seinem vierten Spiel als Nummer 1 die Gegentore neun und zehn hinnehmen. Zu viel für einen, der zuletzt zweimal in Folge zum besten Torhüter der Bundesliga gewählt wurde. Natürlich habe er sich den Start als Stammgoalie anders vorgestellt, sagte Kobel nach dem Heimspiel gegen Dänemark. «Ich versuche, positiv zu bleiben. Ich will der Mannschaft helfen, indem ich ihr Sicherheit gebe.»
Gegen die Dänen verhinderte Kobel mit einer starken Parade gegen Rasmus Höjlund den Rückstand, zeigte mit dem Ball am Fuss aber auch einige Unsicherheiten. Bei den Gegentoren war er einmal mehr machtlos. Am Torhüter liegt es jedenfalls nicht, dass die Schweiz bereits jetzt keine Chance mehr auf die Viertelfinal-Qualifikation hat und im November nur noch versuchen kann, den direkten Abstieg zu verhindern.
Defensive Stabilität wird vermisst
Die Abwehr hingegen konnte bisher nicht an die starken Leistungen der EM in Deutschland anknüpfen. Gegen Dänemark stellte Yakin deshalb erstmals in diesem Jahr auf eine Viererkette um. Stabiler wurde die Abwehr dadurch nicht. Das sei allerdings auch nicht das primäre Ziel gewesen, sagte der 50-Jährige. «Wir wollten gegen Dänemark vor allem offensiv eine Reaktion zeigen und mehr Möglichkeiten über die Aussenbahnen kreieren.»
Edimilson Fernandes und Ulisses Garcia haben gezeigt, dass sie mit ihren Vorstössen und Flanken einen Mehrwert darstellen können. Es versteht sich aber von selbst, dass die defensive Organisation leidet, wenn zwei Spieler nach langer Abwesenheit – beide hatten ihren letzten Nati-Einsatz vor diesem Zusammenzug im November 2023 – in der Abwehr eingesetzt werden. Yakin liess deshalb offen, ob die Viererkette auch in Zukunft zum Einsatz kommen wird. Sie sei eine Option, auch um weniger berechenbar zu sein.
Sowieso wird es im nächsten Spiel gegen Serbien, in dem die Schweiz einen Sieg braucht, um den direkten Abstieg zu verhindern, wieder eine Umstellung in der Abwehr geben. Denn der derzeit unglücklich agierende Nico Elvedi muss bereits seine zweite Sperre in der Nations League absitzen. Der 28-Jährige wurde sowohl in Leskovac als auch in St. Gallen verwarnt. Das Problem war wie schon bei seiner Roten Karte zum Auftakt des Wettbewerbs das fehlende Tempo respektive die fehlende Antizipation.
Die offensichtliche Lösung fehlt
Wer wird Elvedi ersetzen? Zuletzt hatte Yakin mit Gregory Wüthrich einem Neuling eine Chance gegeben. Dieser machte bei der 1:4-Niederlage nicht die beste Figur, allerdings war der Gegner auch Europameister Spanien. Derzeit laboriert der 29-Jährige an einer Verletzung, von der er sich noch erholen muss. Klar ist: Die Abwehr ist derzeit die grösste Baustelle im Nationalteam. Der Rücktritt von Fabian Schär hat die befürchtete Lücke hinterlassen, ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht.
Yakin wurde daher auf Denis Zakaria angesprochen. Schliesslich hatte der Trainer bei der Bekanntgabe des Kaders selbst die Option erwähnt, den Mittelfeldspieler von Monaco in der Abwehr einzusetzen. Dieses Mal konnte er es nicht ausprobieren, weil Zakaria kurzfristig wegen einer Verletzung absagen musste. «Ich kann mir diese Option nach wie vor vorstellen, ich würde es ihm zutrauen», sagte Yakin. «Es hängt aber vor allem davon ab, ob Denis das auch möchte.»
Weitere Namen sind Becir Omeragic, der ebenfalls im Aufgebot stand und kurz vor dem Zusammenzug verletzungsbedingt abgesagte, sowie Eray Cömert und Cédric Zesiger. Letzterer steht zwar praktisch immer im Aufgebot, kommt aber so gut wie nie zum Einsatz. Vielleicht schlägt die Stunde des Wolfsburger Verteidigers im wichtigen Spiel gegen Serbien. Entscheidend wird sein, welche Leistungen die Spieler in den kommenden Wochen in ihren Vereinen zeigen.