Kommentar Posieren mit Erdogan? Denn sie wissen nicht, was sie tun

Martin Abgottspon

15.5.2018

Ilkay Gündogan und Mesut Özil lächeln mit Recep Tayyip Erdogan in London in die Kameras.
Ilkay Gündogan und Mesut Özil lächeln mit Recep Tayyip Erdogan in London in die Kameras.
Bild: Facebook

Die Nationalspieler Ilkay Gündogan und Mesut Özil haben in Deutschland ein mittleres Erdbeben ausgelöst. Grund ist ein Foto mit dem umstrittenen türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan in London, das als politisches Statement verstanden wird. Doch so weit haben die Fussballer wohl gar nicht überlegt.

Recep Tayyip Erdogan befindet sich momentan mitten im Wahlkampf. Da ist es für ihn natürlich nur dienlich, wenn sich weltbekannte Fussballer an seine Seite stellen und in die Kameras lächeln. Das gibt Vertrauen, Aufsehen und Vertrautheit.

Auf der anderen Seite stellt man sich zurecht die Frage, ob die deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan sich im Vorfeld irgendwelche Gedanken gemacht haben, was sie damit auslösen. Sollte man einem Präsidenten, der die demokratischen Rechte mit Füssen tritt, Oppositionelle ins Gefängnis steckt und andere Politiker als Faschisten beschimpft wirklich mit einer solchen Aktion unterstützen?

Am Ende halt einfach Fussballer

Gündogan hat auf die deutsche Medienschelte inzwischen reagiert. Er schreibt: «Wir haben den türkischen Staatspräsidenten am Rande der Veranstaltung getroffen. Aus Rücksicht vor den derzeit schwierigen Beziehungen unserer beiden Länder haben wir darüber nicht über unsere sozialen Kanäle gepostet. Aber sollten wir uns gegenüber dem Präsidenten des Heimatlandes unserer Familien unhöflich verhalten? Bei aller berechtigten Kritik haben wir uns aus Respekt vor dem Amt des Präsidenten und unseren türkischen Wurzeln – auch als deutsche Staatsbürger - für die Geste der Höflichkeit entschieden.»

Bedeutet Höflichkeit denn auch, dass man ausserdem ein Shirt mit der Aufschrift «mein Präsident» in die Kameras hält? Wohl eher nicht, womit auch Gündogans Erklärung etwas hinkt.

Aber wirklich böse sein kann man den Fussballern auch nicht. Oft ist man ganz einfach überfordert mit solch politisch heiklen Themen. Man will eigentlich nur etwas Gutes machen, setzt sich zeitgleich aber komplett in die Nesseln.

Ähnlich sieht das übrigens auch DFB-Teammanager Bierhoff : «Die beiden waren sich der Symbolik und Bedeutung dieses Fotos nicht bewusst, aber natürlich heissen wir die Aktion nicht gut und besprechen das mit den Spielern.» Er betonte auch: «Ich habe nach wie vor überhaupt keine Zweifel an Mesuts und Ilkays klarem Bekenntnis, für die deutsche Nationalmannschaft spielen zu wollen und sich mit unseren Werten zu identifizieren.»

Das werden die beiden. Und wenn sie an der WM dann die entscheidenden Tore schiessen oder Vorlagen geben, hat man all dies auch schon lange wieder vergessen.

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