Tatort Letzigrund Raiola: «Gianni Infantino denkt, er sei Gott – aber das ist er nicht»

pat

10.3.2020

Mino Raiola sagt der FIFA den Kampf an.
Mino Raiola sagt der FIFA den Kampf an.
Bild: Getty

Mino Raiola, Manager von Spielern wie Paul Pogba oder Erling Haaland, hat sich am Montag in Zürich mit Vertretern der Swiss Football Agents Association getroffen. Sie erklären der FIFA den Krieg.

«Nicht einmal das Coronavirus kann die Schweizer Pünktlichkeit töten», sagt Raiola zu Beginn seines rund 45-minütigen Monologs. In Nocera Inferiore geboren, einer schmucklosen Stadt südlich von Neapel, hat er es in seinem Business ganz nach oben geschafft. Er ist einer der ganz wenigen Spielerberater, vielleicht der einzige überhaupt, der selbst ein Star ist und auch mal Autogramme verteilt. Wer sich ihm in den Weg stellt, der kann sich auf etwas gefasst machen.



Alleine mit dem Transfer von Paul Pogba von Juventus Turin zu Manchester United soll Raiola rund 49 Millionen verdient haben. Am Montag geht es aber nicht um solche Transfers, zumindest will das der berüchtigte Spielerberater den Anwesenden weismachen. Ihm ist es ein Dorn im Auge, dass die FIFA neue Regularien durchsetzen will. Spielerberater wie Raiola sollen seitens der Klubs nur noch eine Lohnprovision von drei Prozent erhalten, so hat es der Weltfussballverband im Oktober 2019 beschlossen. Doch dann würden 60 Prozent der Spielerberater verschwinden, ist sich der 52-Jährige sicher. Denn üblich waren zuvor acht bis zehn Prozent. Headhunter in der Schweiz bekämen gar 30 bis 40 Prozent, weiss Christoph Graf, Präsident der Schweizer Vereinigung der Spielerberater (SFAA).

Raiola könnte das verkraften, er würde auch so noch Millionen verdienen. Will nicht heissen, dass es ihm auch passt – ganz offensichtlich passt es ihm so ganz und gar nicht. Und natürlich ist es allen recht, wenn Raiola auf ihrer Seite gegen die FIFA ankämpft, denn sein Wort hat im Fussballbusiness Gewicht. Im Letzigrund sind diverse Agenten anwesend, wie etwa Erdin Shaqiri, Bruder von Xherdan, der mehrere Nationalspieler vertritt. Und eben Graf, der bei diesem Anlass nicht ohne Stolz verkündet, dass Raiola neu Ehrenmitglied der SFAA sei.

Raiola: «Wir wollen die FIFA, wenn nötig, in der Schweiz vor Gericht bringen»

Ihr Ziel ist es, gemeinsam gegen die FIFA anzukämpfen, sie vor Gericht zu ziehen. Warum sie das in Zürich verkünden? Weil die FIFA hier zuhause ist. Raiola greift den FIFA-Boss Frontal an: «Gianni Infantino denkt, er sei Gott. Aber das ist er nicht. Ich bin hier, um das zu beweisen.» Graf meint: «Sie ziehen uns in den Dreck.»

Fünf Anwälte seien momentan daran, eine Klage auszuarbeiten, denn Raiola und seine Jünger wollen sich in ihrer Tätigkeit nicht regulieren lassen. «Wir erwarten nicht, dass die FIFA zurücksteckt. Sie hat uns nicht mal als Stakeholder am Tisch willkommen geheissen», ärgert sich Raiola. Der Fussball sei ein Multi-Billionen-Geschäft, da müsse die FIFA akzeptieren, dass sie kein Monopolist sein könne. «Wir wollen die FIFA, wenn nötig, in der Schweiz vor Gericht bringen.» Er sollte weniger essen und mehr Sport machen, meint Raiola, «aber der Kampf gegen die Fifa ist zu meinem Hobby geworden».



Raiola, das hat er schon früher gebetsmühlenartig kundgetan, will nicht weniger als ein neues System einführen. Ein System, in dem die Transfers nicht über die FIFA abgewickelt werden. Der Weltverband soll nicht mehr mitreden dürfen. 2014 war es die FIFA, die zuliess, dass man ohne Lizenz Spielerberater werden durfte. Doch nun sind dem Verband die Agenten offenbar zu mächtig geworden, die Transfersummen zu hoch. Raiola sieht nicht ein, weshalb die FIFA nun den Markt regulieren sollte: «Sie müssen sich aufs Spiel konzentrieren, auf den VAR und solche Dinge.»


Zurück zur StartseiteZurück zum Sport