Nach der blamablen 0:5-Niederlage im Spitzenkampf gegen Bayern gerät Lucien Favre gar bei den eigenen Spielern in die Kritik. Rückendeckung gibt es dagegen von der Klubführung.
Ausgerechnet Captain und Führungsspieler Marco Reus, der schon in Mönchengladbach unter Lucien Favre spielte, richtete nach der Partie gegen Bayern München (0:5) kritische Worte an seinen wohl grössten Förderer: «Erklärt hat es mir der Trainer nicht. Jeder weiss, dass ich auf dieser Position nicht spielen will, aber ich spiele da, wo mich der Trainer aufstellt.» Reus musste in München als einzige Sturmspitze auflaufen und verzeichnete während den 90 Minuten keinen einzigen Torschuss – im Nachhinein ein gescheitertes Experiment und nicht die einzige angezweifelte Entscheidung des Schweizer Erfolgstrainers.
Götze und Weigl nur Ersatz
Hinter Reus erhielt der zuletzt nur sporadisch eingesetzte Mahmoud Dahoud gegenüber dem formstarken und ballsicheren Mario Götze überraschend den Vorzug. Ein Wechsel, der sich nicht bewährte. Der 23-Jährige wirkte auf der Position überfordert und wurde von Favre nach einer Stunde beim Stand von 0:4 wieder ersetzt – durch Mario Götze. Die späte Einwechslung dürfte für den Weltmeister von 2014 aber ein schwacher Trost bleiben.
Ebenfalls nicht in der Startelf figurierte Julian Weigl. Obwohl der 23-Jährige in der Rückrunde als Aushilfskraft in der Innenverteidigung voll überzeugen konnte, verbannte ihn Favre nach der Rückkehr von Manuel Akanji und Dan-Axel Zagadou bei erster Gelegenheit wieder auf die Ersatzbank. Auch in der Allianz Arena setzt der 61-Jährige auf den Franzosen Zagadou – ein Fehlentscheid, der bereits in der Pause korrigiert wird. Mit Weigl in der Innenverteidigung gewinnt die BVB-Defensive an Stabilität – allerdings zu spät. Wie «Bild» zudem berichtet, will Weigl Dortmund Ende Saison den Rücken kehren. Paris Saint-Germain mit Ex-Trainer Thomas Tuchel soll Interesse zeigen.
Diese umstrittenen Entscheide gewinnen unter den gegebenen Voraussetzungen zusätzlich an Brisanz. Denn mit Achraf Hakimi, Paco Alcacer und Raphael Guerreiro verlor der BVB im Vergleich zur vorherigen Partie gegen Wolfsburg gleich drei Spieler verletzungsbedingt. Eine goldene Trainer-Lehre besagt: Wer drei Spieler ersetzen muss, lässt alles andere unverändert. Nicht so Lucien Favre, der im Vergleich zur Vorwoche zusätzlich auch den zum Rechtsverteidiger umgeschulten Marius Wolf verzichtet. An seiner Stelle kehrte Lukasz Pisczek nach fast neunwöchiger Verletzungspause mit mässigem Erfolg zurück in die Stammformation.
Rückendeckung der Klubführung
Trotzdem: Bei der Klubführung scheint Favre nach dem missglückten Auftritt im kapitalen Direktduell nicht an Vertrauen verloren zu haben. «Wer die Aufstellung als Begründung sieht, hat keine Ahnung von Fussball», findet Sportdirektor Michael Zorc eindeutige Worte. Und Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke macht klar: «Die Aufstellung hat mit dem Ergebnis gar nichts zu tun. Der Trainer ist komplett aus der Haftung. Wenn wir so auftreten, kann er aufstellen wie er will.»
Watzke fordert im nächsten Spiel eine Reaktion der Spieler: «Die Mannschaft ist besser, als sie sich in München präsentiert hat. Wir werden uns gegen Mainz am Samstag anders präsentieren. Das Stadion wird kochen.»