Kommentar Streit vorprogrammiert: PSG schiesst mit Icardi-Transfer ein Eigentor

von Jan Arnet

3.9.2019

Mauro Icardi spielt bis Ende Saison auf Leihbasis bei Paris St. Germain.
Mauro Icardi spielt bis Ende Saison auf Leihbasis bei Paris St. Germain.
Bild: Twitter

Den ganzen Sommer lang dominierte die Transfersaga um Neymar die Schlagzeilen, nun bleibt der Brasilianer trotz Wechselfreigabe in Paris – und PSG holt den nächsten Star mit schwierigem Charakter ins Team. 

Vor einer Woche sah es ganz danach aus, als würde Neymars Rückkehr zu Barcelona tatsächlich über die Bühne gehen. Eine Barça-Delegation reiste in die französische Hauptstadt, um sich mit Vertretern von Paris Saint-Germain zu treffen. Am Donnerstag vermeldete der italienische Transferexperte Gianluca Di Marzio, dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis Neymar wieder bei Barcelona unterschreibt. Im Ligaspiel gegen Metz (2:0) stand der Brasilianer dann am Freitag trotz abgesessener Sperre auch nicht im Aufgebot, um wohl einer Verletzung, die einen Transfer hätte verhindern können, vorzubeugen.

Doch auf die Vollzugsmeldung warteten die Fans bis am Montagabend, als das Transferfenster in Spanien schloss, vergeblich – Neymar wird mindestens bis im Winter bei PSG bleiben, trotz Wechselfreigabe haben sich die Klubs nicht gefunden. Ein gescheiterter Transfer, bei dem in Paris alle Seiten Verlierer sind: Neymar, weil er nicht zu Barça zurück kann. PSG, weil das Problemkind immer noch da ist. Und die wütenden Fans, die ihr neues Feindbild wohl oder übel wieder im Prinzenpark begrüssen müssen, nachdem sie Neymar beim ersten Saisonspiel noch verschmäht hatten.



Und statt einen Top-Stürmer zu verlieren, holen die Pariser am Montag noch einen: Mauro Icardi kommt für ein Jahr leihweise von Inter Mailand. In erster Linie ist dieser Transfer mit dem Fakt zu erklären, dass mit Edinson Cavani und Kylian Mbappé zwei Stürmer für mehrere Wochen verletzt ausfallen. Doch tun sich die Pariser mit der Verpflichtung von Icardi wirklich einen Gefallen? Sportlich gesehen macht der Transfer des Goalgetters natürlich absolut Sinn. An den Qualitäten des Argentiniers zweifelt niemand, zweimal wurde er Torschützenkönig in der Serie A. Doch die letzten Jahre haben auch gezeigt, dass Icardi alles andere als ein einfacher Spieler ist.  

Icardi wurde bei Inter zum Stinkstiefel

Immer wieder legte er sich wegen seines ausschweifenden Lebensstils mit den Inter-Fans an. Der Mailänder Klub nahm dem 26-Jährigen im Frühjahr wegen anhaltender Wechselspekulationen die Captain-Binde weg. Icardi weigerte sich danach, in der Europa League gegen Rapid Wien zu spielen, worauf ihn der Klub für rund sechs Wochen suspendierte. Für Argentiniens Nationalmannschaft wurde Icardi von 2013 bis 2017 nicht aufgeboten, weil er Lionel Messis gutem Freund Maxi Lopez (spielt mittlerweile bei Crotone) einst die Frau ausgespannt hatte.

Diese Frau heisst Wanda Nara und ist auch heute noch an Icardis Seite. In Italien machen viele die TV-Persönlichkeit dafür verantwortlich, dass Icardis Karriere in letzter Zeit ins Stocken geraten ist. Denn Wanda ist auch als Beraterin für ihren Mann aktiv und trieb zuletzt die Inter-Verantworlichen in den Wahnsinn, kritisierte den Klub immer wieder öffentlich und machte sich offenbar auch keine Mühe, ihrem Klienten und Ehemann einen neuen Verein zu suchen. Keine zwei Wochen ist es her, als Icardi auf Instagram ein Foto einer Baustelle postete und dazu schrieb: «Mein neues Zuhause kommt» – mit Mailand als Standort-Angabe.

Icardi und Wanda pochten auf einmal auf einen Verbleib bei Inter – oder sie wollten dem Verein, bei dem der Torjäger noch bis 2022 unter Vertrag steht, einfach eins auswischen. Die «Nerazzurri» reagierten mit dem Transfer eines neuen Mittelstürmers und gaben Romelu Lukaku Icardis Trikotnummer 9. Mit dem Leihwechsel zu PSG ist die Schlammschlacht nun fürs Erste vorbei.

Wer muss im PSG-Starensemble auf die Bank?

Icardi ist nun in Paris angekommen. Bei einem Verein, der ebenfalls ein grosses Problem mit seinem grössten Star hat. Und weitere Probleme scheinen vorprogrammiert. Denn wenn Mbappé und Cavani – zwei Publikumslieblinge – von ihren Verletzungen zurückkehren, werden sie spielen wollen. Genauso wie Icardi und Neymar. Und was ist mit dem formstarken Eric Maxim Choupo-Moting, der in den ersten beiden Spielen drei Tore schoss?

Im Pariser Starensemble spielt jeder Spieler in der Offensive auch ein Stück weit für sich selbst. Neymar und Icardi wollen mit möglichst vielen Toren weiterhin attraktiv bleiben für mögliche Wechsel in einem (halben) Jahr – der eigentliche Torjäger heisst aber Cavani. Und da ist noch der womöglich nächste Weltfussballer Kylian Mbappé, der in der Offensive gesetzt sein dürfte und sich ebenfalls in der neuen Saison viele Tore ausrechnet. Bei der Penalty-Thematik, die schon letzte Saison beim französischen Meister für einen grossen Streit sorgte, werden die Probleme wohl ihren Anfang nehmen. Für Trainer Thomas Tuchel wird es zur Herkules-Aufgabe werden auch die Superstars bei Laune zu halten, die auf der Bank Platz nehmen müssen.

Wie die französische Sportzeitung «L'Équipe» berichtet, ist Neymar vor wenigen Tagen im Training bereits wieder mit einem Teamkollegen aneinandergeraten. Bereits in der letzten Saison war das Verhältnis zwischen dem Brasilianer und seinen Mitspielern angespannt. Mit Mauro Icardi kommt nun der nächste Spieler mit schwierigem Charakter ins Team. Nach dem gescheiterten Neymar-Abgang ist es eigentlich das Letzte, was PSG braucht.

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