Nach dem enttäuschenden 3:3-Unentschieden gegen Schlusslicht Paderborn brennt bei Borussia Dortmund der Baum. Vor allem die desolate erste Halbzeit sorgt für Unmut – und erhöht den Druck auf Lucien Favre.
Eigentlich sollte es eine Wiedergutmachung für die deutliche Schlappe im Ligagipfel beim FC Bayern werden. Doch nach der erneut schwachen Vorstellung beim 3:3 gegen Paderborn war die Geduld der Dortmunder Fans aufgebraucht. Kann BVB-Trainer Lucien Favre das überstehen?
Michael Zorc war kurz angebunden. Im ersten Frust über die erneut desolate Vorstellung der Borussen verweigerte der Sportdirektor eine ausführliche Stellungnahme.
Selbst die erfolgreiche Aufholjagd des Teams, das sich nach einem 0:3-Rückstand zur Pause noch ein Remis erkämpfte, konnte seine Laune nicht aufhellen. «Ich werde nicht so viel sagen. Ausser, dass die erste Halbzeit komplett indiskutabel war und dass man sich bei den Zuschauern dafür entschuldigen muss», kritisierte Zorc. Beiläufig fügte er an: «Morgen ist auch noch ein Tag.»
Reus: «Wir Spieler sind dafür verantwortlich»
Vor allem der letzte Satz seines kurzen Statements bot viel Raum für Spekulationen. Nicht auszuschliessen, dass sich die Vereinsspitze noch vor der Jahreshauptversammlung des Revierclubs am Sonntag ausführlicher äussert – zum Beispiel über die Zukunft von Trainer Lucien Favre. Denn der Versuch der Mannschaft, sich für die Schmach im Ligagipfel zwei Wochen zuvor beim FC Bayern (0:4) zu rehabilitieren, schlug mächtig fehl. Das dürfte die Zweifel an der Arbeit des Fussball-Lehrers noch entschieden verstärken.
Wie die «Bild» berichtet, verkommt die Partie beim FC Barcelona am Mittwoch in der Champions League zu Favres Schicksalsspiel. Dies soll das Resultat einer über zweistündigen Sitzung der BVB-Führung sein. Unter anderem mit dabei: Michael Zorc, Hans-Joachim Watzke und Klub-Justiziar Robin Steden.
Mi 27.11. 19:55 - 01:00 ∙ blue Sport Live ∙ Live Fussball: FC Barcelona - Borussia Dortmund
Event ist beendet
Favre stellt sich hinter seine Mannschaft
Abwehrchef Mats Hummels wollte sich an der Diskussion über Favre nicht beteiligen: «Ich würde mal ganz deutlich sagen, dass das nichts mit der Trainerposition zu tun hat, wenn wir einfach ohne Druck die Bälle herschenken.» Ähnlich sah es Kapitän Marco Reus. «Der Trainer stellt uns super ein. Wir Spieler sind dafür verantwortlich, unsere Leistung zu zeigen.»
Fraglich, ob diese Fürsprache zum Verbleib von Favre beiträgt. Der 62 Jahre alte Schweizer wirkte ähnlich niedergeschlagen wie Zorc. «Wir werden das zusammen analysieren, das ist sehr, sehr nötig. Das kann nicht so weitergehen», bekannte der Coach. Bei allem Frust wirkte er jedoch nicht so, als habe er den Glaube an einen Verbleib beim BVB schon aufgegeben: «Ich versuche weiter, positiv zu denken.» Auf die Frage, ob er sich von seinem Team im Stich gelassen gefühlt habe, antwortete er: «Nein, nein, ich stehe immer hinter meiner Mannschaft.»
Krisensitzung bis in die Nacht
Das Votum der Zuschauer dürfte seine Position kaum stärken. Ungeachtet des späten Ausgleichs durch Reus (90.+2) wurde das Team nach dem Schlusspfiff mächtig ausgepfiffen, erstmals gab es «Trainer raus»-Rufe im Stadion. Captain Reus fand bei DAZN deutliche Worte: «Man hat sich richtig geschämt. So dürfen wir nie, nie wieder auftreten. Das war absolute Scheisse.»
Trotz des Wirbels um seine Person: Favre soll mit der Aufarbeitung der schwachen ersten Halbzeit gemäss «Ruhr Nachrichten» gleich nach Schlusspfiff begonnen haben. Mit seinem Trainerteam und den Führungsspielern Marco Reus und Lukas Piszczek soll er mehrere Stunden in den Dortmunder Katakomben verharrt und das Stadion erst nach 01.00 Uhr verlassen haben.