5:0 gewinnt Bayern München am Samstagabend gegen Dortmund. Nach dieser Machtdemonstration im Spitzenspiel dürfte der Trainer der siegreichen Mannschaft fest im Sattel sitzen, sollte man meinen. Im Fall von Niko Kovac scheint das nicht der Fall zu sein, zumindest stehen nicht alle im Verein bedingungslos hinter dem Kroaten.
Es war eine denkwürdige Woche für die Bayern. Erst zittern sie sich im DFB-Pokal gegen Zweitligist Heidenheim (5:4) ins Halbfinale, drei Tage später erobern sie mit einem 5:0-Sieg im Spitzenspiel gegen Dortmund die Tabellenführung. Bayern kann aus eigener Kraft Meister werden, das Double ist möglich.
Trotzdem fliegen Bayern-Coach Niko Kovac nicht nur Herzen zu. Besonders kritisch beäugt wird er, wie es den Anschein macht, von Boss Karl-Heinz Rummenigge. Im «Wontorra-Talk» auf «Sky» sagt er am Sonntag: «Es gibt bei Bayern München für niemanden eine Jobgarantie. Jeder muss bei Bayern München liefern. Das ist das Prinzip bei Bayern München und mit diesem Druck muss man umgehen. Wer das nicht kann, ist dann im falschen Klub.» Kovac hat zwar einen Vertrag bis 2021, doch Trainer sind bekanntlich die Ersten, die im Falle des Misserfolgs ausgetauscht werden – nicht die Spieler.
Rummenigges Kritik an Niko Kovac
Bekannt ist, dass Kovac nie Rummenigges erste Wahl war. Der Kroate ist, wenn man so will, der Trainer des anderen Bayern-Boss', von Uli Hoeness. Letzterer will denn auch an Kovac festhalten, zumal die Entwicklung der Mannschaft für den Trainer spricht.
Rummenigge sieht aber das ganze Bild, er hat nicht vergessen, dass Bayern in dieser Saison zwischenzeitlich bis auf Rang fünf abgerutscht war. «Das, was passiert ist, im Oktober und November war selbstkreiert. Wir haben uns selbst das Bein gespielt. Der Trainer hat teilweise in einem unglaublich grossen Stil rotiert, was scheinbar für Unruhe in der Mannschaft gesorgt hat. (...) Es wurde leistungsunabhängig rotiert und Profifussball ist für mich leistungsorientiert. Am Tiefpunkt waren wir Tabellenfünfter, wir waren aus den Champions-League-Plätzen raus. Wenn wir uns etwas nicht erlauben dürfen, ist es, nicht für die Champions League qualifiziert zu sein.»
Doch das wilde Rotieren hat Kovac längst abgestellt, der 47-Jährige zeigte sich lernfähig. Trotzdem scheint Rummenigge nachtragend. Ausgerechnet nach der grössten Offensiv-Show der Saison erinnert er sich an das Liverpool-Spiel, in dem man seiner Ansicht nach zu defensiv agierte. «Ich war nach dem Liverpool-Spiel frustriert. Wir hatten uns mit unglaublichem Aufwand das gute Ergebnis in Liverpool erarbeitet. Dann spielen wir vor 70’000 Zuschauern zuhause nicht mit ausreichend Mut und Herz. Wir hätten genau wie gestern mit offenem Visier spielen müssen. Das ist der Stil von Bayern München. Immer offensiv ausgerichtet.» Vielleicht hat Kovac ja auch aus dem Liverpool-Spiel seine Lehren gezogen.
Bayern eine Nummer zu gross für Kovac?
Lob hat Rummenigge beim Fussball-Talk nur für Kovacs Vorgänger übrig, Van Gaal, Heynckes, Guardiola und Ancelotti. «Man darf nicht vergessen, dass wir zehn Wahnsinnsjahre erlebt haben. Das sind natürlich unglaublich grosse Fussspuren, die da hinterlassen wurden. Das ist nicht einfach, für so einen jungen und unerfahrenen Trainer, der er nun einmal ist.» Und im Gegensatz zu Hoeness («Und selbst wenn wir Zweiter würden, ist das noch kein Desaster.») sagt Rummenigge: «Wir haben hohe Ziele vor Augen. Wir sind in beiden nationalen Wettbewerben noch aussichtsreich unterwegs und unser Ziel ist es, dieses Jahr, das Double zu gewinnen.»
Gut möglich also, dass Kovac seinen Vertrag bei den Bayern nur erfüllen darf, wenn er tatsächlich beide Wettbewerbe gewinnt. Denn nicht immer wird sich Hoeness gegen Rummenigge durchsetzen können.