Der FC St. Gallen verliert seinen Topskorer Cedric Itten. Der Schweizer Internationale verlässt die Ostschweizer nach zweieinhalb Jahren. Der 23-jährige Stürmer wechselt nach Schottland zu den Glasgow Rangers. Beim Traditionsverein dürfte er am richtigen Ort sein.
Beim frischgebackenen Meister YB dürfte den Abwehrspielern beim Erwähnen seines Namens noch heute ein Schauer über den Rücken laufen: Rangers-Stürmer Alfredo Morelos schoss bei den zwei Duellen (2:1, 1:1) gegen die Berner jeweils einen Treffer und beschäftigte die Defensive unablässig. Dummerweise kam das Remis ausgerechnet im letzten Gruppenspiel in der Europa League zustande, wo die Young Boys einen Sieg benötigt hätten, um weiterzukommen.
Der 24-jährige Kolumbianer war seit seiner Ankunft 2017 Publikumsliebling im Ibrox-Park, wo bei jedem Wetter 50'000 fanatische Fans aufmarschieren. Jetzt soll er vor einem Wechsel in die Ligue 1 zu Lille stehen. Und weil beim 37-jährigen Altmeister Jermaine Defoe, der letzte Saison mit 13 Toren in 20 Spielen sogar teaminterner Topskorer war, sich wie schon im Frühling eine hartnäckige Wadenverletzung meldete, musste der Klub reagieren.
Gleich zwei Transferzuzüge vermeldeten die Glasgow Rangers am Dienstag: Neben Cedric Itten holte man auch Kemar Roofe. Der 27-jährige Jamaikaner mit englischen Wurzeln spielte zuvor bei Anderlecht und buchte in 13 Spielen sechs Tore – und ist auf dem Papier ebenfalls Mittelstürmer. Die beiden neuen Hoffnungsträger müssen also die Lücke schliessen, welche Morelos und Defoe (zumindest temporär) hinterlassen.
Vorschusslorbeeren einer Fussball-Legende
Die Fussstapfen sind also gross für den Ex-FCSG-Stürmer, der gleich ins kalte Wasser geworfen werden wird. Die Saison in Schottland hat bereits begonnen, am Sonntag empfängt man zu Hause St. Mirren. Immerhin hat Itten den Vorteil, gleich im Saft zu sein: In 34 Spielen in der Super League markierte er 19 Treffer und gab 6 Vorlagen.
Auch sein neuer Trainer Steven Gerrard setzt grosse Hoffnungen in ihn: «Cedric ist ein Knipser, der unserem Kader noch mehr Stärke und Tiefe verleihen wird.» Die Liverpool-Legende, die Itten gleich einen Vierjahresvertrag offerierte, hält auf der Klub-Website fest: «Ich freue mich, dass sich ein Spieler mit Cedrics Fähigkeiten und Potenzial entschieden hat, in der nächsten Phase seiner Karriere bei den Rangers einzusteigen.»
Solche Worte dürften Balsam sein für den robusten Stürmer aus Basel, der beim FCB die Jugendabteilung durchlief, im Fanionteam aber nie richtig eine Chance bekam. Zuerst lieh man ihn zu Luzern aus, Anfang 2018 wechselte er nach St. Gallen. Und dort fand der 1,89 Meter grosse Hüne dann sein Glück, welches auch ein Kreuzbandriss im Herbst 2018 nicht trüben konnte, im Gegenteil: Es scheint fast so, als wachse er an Widerständen.
Die Voraussetzungen für ein Märchen sind da
Itten kehrte umso stärker zurück, entwickelte sich in der Ostschweiz zum absoluten Leistungsträger und machte den Schritt zum Nationalspieler. Gleich in seinem ersten Länderspiel avancierte er im November des letzten Jahres in St. Gallen zum Matchwinner. Beim 1:0-Sieg in der EM-Qualifikation gegen Georgien gelang ihm nur sechs Minuten nach seiner Einwechslung das Siegestor. Drei Tage später steuerte er zum 6:1-Erfolg in Gibraltar zwei weitere Treffer bei.
Itten ist dabei ein richtiger Strafraumstürmer mit ausgeprägtem Torinstinkt. Dank seiner Physis kann er vorne auch die Bälle halten, er führt viele Zweikämpfe und gewann als vorderster Mann beachtliche 36 Prozent der Duelle. Diese Qualitäten sind für den schottischen Fussball prädestiniert.
Der mit 54 nationalen Meistertiteln erfolgreichste Klub der Welt wartet dabei sehnsüchtig auf einen neuen Heilsbringer. Die Rangers haben eine schwere Zeit hinter sich, 2012 mussten sie gar Insolvenz beantragen und fanden sich in der 4. Liga wieder. 2016 kehrte man in die höchste Spielklasse zurück, 2018 übernahm Gerrard das Traditionsteam.
Der Engländer hauchte der Truppe wieder neues Leben ein, der verhasste Erzrivale Celtic konnte endlich wieder mal bezwungen werden. Noch ist man aber nicht auf Augenhöhe. Die letzte Meisterschaft entschieden die Grün-Weissen mit 13 Punkten vor den Blauen. Vielleicht haben sich die Rangers nun aber genau den richtigen Mann mit grün-weisser Vergangenheit geholt, um dies zu ändern.