«Spass von A bis Z» Krise ade? Deutschland träumt nach Radikal-Umbruch vom Sommermärchen

DPA/SB10

27.3.2024 - 13:43

Nagelsmann: «Haben deutsche Tugenden verkörpert»

Nagelsmann: «Haben deutsche Tugenden verkörpert»

Im ersten Heimspiel der deutschen Nationalmannschaft im EM-Jahr 2024 besiegte die DFB-Elf die Niederlande. Julian Nagelsmann zeigte sich mit dem Siegeswillen seiner Mannschaft sehr zufrieden.

27.03.2024

Auf so eine Länderspielwoche musste Deutschland lange warten. 2:0 in Frankreich, 2:1 gegen Holland. «Das tut gut», sagt der Bundestrainer Julian Nagelsmann. Die Heim-EM kann kommen.

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Julian Nagelsmann sprach aus, was alle im DFB-Tross dachten. «Das tut gut!» Nach Jahren der Tristesse mit drei Turnier-Flops am Stück hat der Bundestrainer mit einem radikal erneuerten Kader und zwei Testspielsiegen zum Start ins EM-Jahr gegen Frankreich (2:0) und die Niederlande (2:1) bei den deutschen Fussballfans grosse Vorfreude auf das Heimturnier vom 14. Juni bis 14. Juli entfacht.

«Die zehn Tage haben sehr viel Spass gemacht von A bis Z», resümierte Nagelsmann in Frankfurt. Der Lehrgang brachte viele Gewinner hervor – und einige ganz grosse.

Julian Nagelsmann: Bei den November-Niederlagen gegen die Türkei (2:3) und vor allem in Österreich (0:2) schien der junge Bundestrainer nach dem verheissungsvollen Start auf der USA-Reise mit dem 3:1 gegen das US-Team und einem 2:2 gegen Mexiko aus der EM-Spur geraten zu sein. Aber er zog seine Schlüsse, baute den Kader radikal um, holte Toni Kroos aus dem DFB-Ruhestand zurück und verteilte klare Rollen an jeden einzelnen Spieler. «Der Spirit hat sich ganz anders angefühlt als im November», sagte Nagelsmann. Der Verband will mit ihm noch vor der EM verlängern. Aber auch für Vereine ist er wieder sehr interessant.

Kroos auf Anhieb Kopf der Mannschaft

Toni Kroos: Sein Rücktritt vom DFB-Rücktritt nach fast drei Jahren erwies sich als Volltreffer. Der 34-Jährige von Real Madrid ist auf Anhieb der Kopf der Mannschaft. Der Weltmeister von 2014 agiert auf dem Platz wie ein Quarterback im American Football. Gegen die Holländer übernahm Kroos sogar die Kapitänsbinde nach der Auswechslung von Ilkay Gündogan.

Toni Kroos übernimmt nach seiner Rückkehr wieder eine Chefrolle beim DFB.
Toni Kroos übernimmt nach seiner Rückkehr wieder eine Chefrolle beim DFB.
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Maximilian Mittelstädt: Im vergangenen Sommer stieg der Aussenverteidiger mit Hertha Berlin aus der Bundesliga ab. Der Höhenflug mit Stuttgart beförderte ihn bis in die DFB-Auswahl. Gegen Holland schoss der 27-Jährige im zweiten Länderspiel ein wunderschönes Tor zum 1:1. «Herausragend», lobte Nagelsmann, der in ihm schon vorher das sah, was er dann zweimal im DFB-Trikot zeigte. «Wenn er so weitermacht, ist er ein Spieler für die EM», sagte der Bundestrainer. Wohlgemerkt für die erste Elf.

«Werden nicht zehn Spieler tauschen im Sommer»

Die Startelf: Nagelsmann bot in beiden Testpartien die identische Mannschaft auf. Alle darin durften sich als Gewinner der Woche fühlen – nur einer nicht. Marc-André ter Stegen hielt zweimal gut. Trotzdem hatte Nagelsmann den verletzt abgereisten Konkurrenten Manuel Neuer schon vorher zum EM-Torwart ernannt. Und der Bundestrainer machte noch vor dem Frankreich-Spiel klar, dass diese Entscheidung steht. Darum ist Neuer trotz des verschobenen DFB-Comebacks ein Gewinner der Woche.

Trainer Nagelsmann bot in beiden Testpartien die identische Mannschaft auf.
Trainer Nagelsmann bot in beiden Testpartien die identische Mannschaft auf.
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Alle, die jetzt zum Kader zählten, können zudem mehr denn je auf ihr EM-Ticket hoffen. «Ausser Frage steht: Falls alle gesund bleiben und so weiter performen, werden wir auf jeden Fall nicht zehn Spieler tauschen im Sommer. Eigentlich auch nicht fünf, vielleicht ein, zwei – plus Verletzte», kündigte Nagelsmann an. Auf den gesperrten Leroy Sané will er aber nicht verzichten. Für einstige Fixkräfte wie Bayern-Profi Leon Goretzka oder mehrere Dortmunder wie Niklas Süle, Mats Hummels oder Julian Brandt sieht es im Sommer schwer nach Ferien aus.

«Ich fühle, dass ich gerade meinen besten Fussball spiele.»

Jamal Musiala

Vor einer Woche noch im Krisenzustand

Der DFB: Nach drei enttäuschenden Turnieren (WM 2018, EM 2021, WM 2022) und grossen wirtschaftlichen Problemen war der Verband vor einer Woche noch im Krisenzustand. Erst wurde der Ausrüsterwechsel von Adidas zu Nike vom Jahr 2027 angekündigt, der zwar von einigen deutschen Politikern gerügt wurde, der aber viele Millionen Euro in die leere DFB-Kasse bringt. Und plötzlich herrscht auch sportlich Zuversicht für das so wichtige Heimturnier.

Die Fans: Seit dem WM-Desaster in Russland gab es eine zunehmende Entfremdung zwischen Fans und Nationalelf. Länderspiele waren keine Festtage mehr, Turniere waren Frustveranstaltungen. Zwei Testspielsiege gegen zwei grosse Nationen, die Rückkehr von Kroos und die Fussball-Zaubereien der Jungstars Florian Wirtz und Jamal Musiala in neuen, bunten Trikots reichten aus, um die Stimmung zu kippen. Als Sahnehäubchen reagierte der DFB auf eine Online-Petition und machte «Major Tom» kurzerhand zur neuen Torhymne – die Fans im Stadion und in den Sozialen Medien feierten.

Turnier-Veteran Thomas Müller brachte es nach dem Holland-Spiel mit dem späten Joker-Siegtor von Niclas Füllkrug auf den Punkt: «Die Leute haben Lust auf Fussball, aber halt auf erfolgreichen.»