Vor der letzten Bundesliga-Runde stehen die Verlierer ein letztes Mal im Mittelpunkt. Wolfsburg oder der HSV? Es geht um die Existenz. Im oberen Bereich spielt der BVB um einen hohen Millionenbetrag.
In Wolfsburg fehlt neben dem Knowhow auf Vorstandsebene inzwischen auch der Support des Publikums. Eines der wichtigsten Spiele der letzten beiden Dekaden ist nicht ausverkauft. Die desaströse Rückrunde hat tiefe Furchen hinterlassen, Tausende haben dem VfL die Zuneigung entzogen. Der chronische Abstiegskampf hat allen den Spass gründlich verdorben.
Der Unterhaltungsfaktor in der Autohochburg hält sich in engen Grenzen. Der VW-Skandal hat selbstredend nun auch das Image der Fussball-Filiale erheblich beeinträchtigt. Die schweren wirtschaftlichen Turbulenzen haben den Werksklub mittlerweile im vollen Umfang erreicht. Seit dem Rücktritt von Martin Winterkorn an der Konzernspitze fehlt dem VfL der spendable Patron, der sich nicht nur von Amtes wegen für Sport interessierte; seine Nachfolger sind profillose Verwalter.
Zuverlässige Sympathieträger und Identifikationsfiguren wie der langjährige Captain Diego Benaglio und Ricardo Rodriguez verliessen den Verein im letzten Sommer; den Topstürmer Mario Gomez liess der VfL während der Winterpause zum VfB Stuttgart ziehen. Sehr viel strategisches Wissen ging 2016 bei der Trennung von Manager Klaus Allofs verloren.
Olaf Rebbe, der zum Sportdirektor beförderte Ziehsohn von Allofs, ist seit dem 27. April nicht mehr im Amt. Gegen 100 Millionen Euro investierte der frühere Teamleiter und Chefscout in neues Personal. Sein geschultes Auge war wenig hilfreich, die Transferflops häuften sich, die Problematik verschärfte sich. Zum zweiten Mal in Folge droht eine Relegations-Barrage gegen die Nummer 3 der 2. Bundesliga.
«Wir steigen ab, wir kommen nie wieder, wir haben Bruno Labbadia.» Der Sarkasmus auf den halb leeren Rängen ist grösser denn je. Für die zynischen Fans steht der grösste Verlierer nach zehn Runden mit nur einem Sieg bereits fest: Labbadia, der dritte Coach der aktuellen Saison. «Kein Feuer, nicht mal ein Glimmen entfachte er - ein Feuerwehrmann ohne Wasser und Schlauch», kommentierte die Tageszeitung «Welt» die Personalie Labbadia mit schonungsloser Schärfe.
Läuft die HSV-Zeit ab?
In Hamburg hält wenigstens das Volk bis zur drohenden Derniere zum Tabellenvorletzten - die einen haben schlicht Mitleid mit dem angezählten Dino, für andere ist der HSV Lebensinhalt. Ganz nach der populärsten Hamburger Parole: «Nur der HSV!» Gegen 2000 Anhänger standen Spalier im Training und verbrüderten sich mit den Leidensgenossen.
Seit 1963 tickt die Bundesliga-Uhr. Sollte im letzten Heimspiel der Saison gegen Mönchengladbach kein Heimsieg resultieren und erreicht Wolfsburg gegen den Absteiger Köln ein Remis, endet eine beispiellose Ära. Dann ist der frühere Meistercupsieger definitiv nicht mehr zu retten. Zweimal entkam der notorisch kriselnde Koloss dem Worst Case innerhalb von vier Jahren in letzter Minute, ein drittes Happy End ist eher nicht in Sicht.
Christian Titz übernahm das Ruder zu spät. Der von der Regionalligaspitze zu Hilfe gerufene Ex-U21-Coach reanimierte das leblose Ensemble. "Wir spielen zum ersten Mal seit vier Jahren Fussball", stellte Lewis Holtby verwundert fest. Titz kommt an, Titz bewegt - und er wird der Kopf der Gruppe bleiben, der HSV will die weitere Zusammenarbeit mit ihm nicht von der Ligazugehörigkeit abhängig machen.
Dortmunds 30-Millionen-Spiel
An der Spitze des Rankings bleibt die Reihenfolge hinter dem Titelhalter Bayern und dem Zweiten Schalke 04 zu klären. Wegen des Fehltritts gegen Mainz (1:2) im eigenen Stadion steht für die drittklassierte Borussia Dortmund im Auswärts-Duell mit dem direkten Verfolger TSG Hoffenheim der fixe Champions-League-Startplatz auf dem Spiel. Applaus oder Pfiffe für Peter Stöger am Ende eines bizarren Engagements.
Sollte der BVB deutlich verlieren und Leverkusen die ambitionslosen Hannoveraner hoch besiegen, wäre ein mittleres Fiasko Tatsache. Im ungünstigsten Fall entgingen den Westfalen Einnahmen in der Höhe von rund 30 Millionen Euro. «Wir sind wirtschaftlich sehr gut aufgestellt und müssten keine gravierenden Abstriche machen», relativierte Klubchef Hans-Joachim Watzke im «Westen» ein mögliches Scheitern vorsorglich.
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