Causa Lewandowski Der FC Barcelona verkauft sich selbst

Von Tobias Benz

2.6.2022

Joan Laporta will Teile des FC Barcelona veräussern. Aber ist es das wert?
Joan Laporta will Teile des FC Barcelona veräussern. Aber ist es das wert?
Bild: Keystone

Trotz massiver Schuldenlast will der FC Barcelona Bayern-Star Robert Lewandowski verpflichten. Wie geht das? Ein Kommentar zur fragwürdigen Herangehensweise der Katalanen.

Von Tobias Benz

2.6.2022

«Ich weiss nicht, ob sie De Jong, Pedri oder Pepito Pérez verkaufen», schoss LaLiga-Boss Javier Tebas am Mittwoch gegen den FC Barcelona. «Sie kennen ihre finanzielle Situation genau. Aktuell können sie Lewandowski nicht verpflichten.» Klare Worte des 59-jährigen Spaniers. Und er wird es wissen, schliesslich legt er die finanziellen Rahmenbedingungen fest, die Barça jährlich einzuhalten hat. Oder?

Pepito Perez ist ein bekannter spanischer Clown. Joan Laporta (links) sieht ihm derzeit verdächtig ähnlich.
Pepito Perez ist ein bekannter spanischer Clown. Joan Laporta (links) sieht ihm derzeit verdächtig ähnlich.
Bild: Keystone

Der spanische «Salary Cap»

Blaugrana-Boss Joan Laporta hält dagegen. «Ich möchte Sie bitten, sich nicht dazu zu äussern, ob wir einen bestimmten Spieler verpflichten können oder nicht, da dies eindeutig den Interessen des FC Barcelona schadet», faucht der Katalane in Richtung Tebas. Gegenüber Fans bewertet er einen möglichen Lewandowski-Transfer als «höhere Wahrscheinlichkeit».

Doch wer hat nun Recht?

Fakt ist: Der FC Barcelona ist massiv verschuldet. Die Kreditlast ist so gross, dass der Klub eigentlich gar nicht mehr existieren dürfte. «Wären wir eine Aktiengesellschaft, hätte man uns bereits aufgelöst. Wir waren technisch gesehen pleite», verriet der Vorstandsvorsitzende, Ferran Reverter, als ihm im vergangenen Oktober die undankbare Aufgabe zufiel, die jüngsten Zahlen zu veröffentlichen.

Bei einem Jahresverlust von 481 Millionen Euro standen die Katalanen damals mit 1,35 Milliarden Euro in der Kreide. Seither wurden keine neuen Zahlen öffentlich. Es ist aber davon auszugehen, dass es dem Klub dank des Spotify-Deals, der über vier Jahre 300 Millionen in die Kassen spülen soll, etwas besser geht. Mit Betonung auf «etwas».

Denn das grosse Problem vor dem sommerlichen Transferfenster bleibt bestehen: die Regularien der spanischen Liga. Diese schreibt den Klubs nämlich haargenau vor, wie viel Geld sie für Spieler, Ersatzspieler, Nachwuchsspieler, Trainer, Physios und so weiter ausgeben dürfen. Salary Cap nennt sich das. Und der Grundsatz ist simpel.

Ein Verein darf maximal so viel ausgeben, wie übrig bleibt, wenn von den Einnahmen die Betriebskosten und Schuldentilgung abgezogen wird. Bei Barcelona: Nichts. Beziehungsweise weniger als Nichts, denn laut Medienberichten beläuft sich der aktuelle Salary Cap der Blaugrana auf negative 144 Millionen Euro. Bis dieses Minus beglichen ist, bleiben jegliche Neuverpflichtungen Wunschdenken. Stichtag ist der 30. Juni.

Kein Geld, kein Problem?

Es bleiben zwei Optionen. Entweder Joan Laporta überwindet sich, wichtige Spieler wie Frenkie de Jong zu verkaufen, oder er findet andere Wege, um zusätzliche Einnahmen zu generieren. Und da sind dem Katalanen in der Not wahrhaftig teuflische Ideen eingefallen.

Wie der Präsident in einer offiziellen Mitteilung bekannt gab, überlegt sich der Verein verschiedene Einnahmequellen zu veräussern. Unter anderem wird der Verkauf von 49 Prozent des hauseigenen TV-Senders «Barça Studios» in Erwägung gezogen. Darüber hinaus soll auch der Bereich Lizenzierung und Merchandising zu 49 Prozent monetarisiert werden – und im Notfall will Laporta sogar 10 Prozent der Medienrechte des Klubs an das luxemburgische Finanzunternehmen CVC Capital Partners abgeben. Damit gäbe der Verein unter anderem einen Teil seiner lukrativen TV-Gelder ab.

«Wenn wir diese Optionen bis zum 30. Juni aktivieren, lösen wir einen grossen Teil der finanziellen Probleme des Klubs», argumentiert Laporta. 

De facto verkauft sich der FC Barcelona damit selbst, um kurzfristig den Geldhahn aufzudrehen. Rechtfertigen könnte man das, indem diese Gelder für notwendige Investitionen wie die Aufwertung des völlig maroden Camp Nous eingesetzt werden, oder für nachhaltige Jugendarbeit. Im Falle einer Verpflichtung Lewandowskis aber stellt sich die Frage: Ist das ein 34-jähriger Weltfussballer wert?