Francesco Bagnaia schickt sich an, 13 Jahre nach Valentino Rossi als erster Italiener wieder MotoGP-Champion zu werden. Dazu reicht dem 25-jährigen Ducati-Fahrer am Sonntag in Valencia ein 14. Platz.
Während über einem Jahrzehnt jagte der neunfache Weltmeister Valentino Rossi erfolglos dem Titelgewinn Nummer 10 hinterher. Durch seinen Rücktritt Ende der letzten Saison hinterliess der Superstar bei den Motorradfans auf der ganzen Welt – und insbesondere auch bei den Anhängern in Italien – eine riesige Lücke.
Rossis Charisma und Ausstrahlung über den Motorradrennsport hinaus waren im Jahr 1 nach dem Abgang nicht adäquat zu ersetzen. Doch aus sportlicher Sicht verschafft Francesco Bagnaia zumindest den Tifosi bereits wieder grossartige Emotionen wie zu Zeiten des «Dottore».
In Rossis Nachwuchsakademie ausgebildet
Selbst bei einem Sieg seines letzten verbliebenen Rivalen Fabio Quartararo genügt dem Turiner, einem ehemaligen Mitglied der VR46 Riders Academy von Rossi, der 14. Platz zum WM-Titel. Dies auf dem Rundkurs in Cheste nahe Valencia, auf dem er im Vorjahr vor zwei Ducati-Markenkollegen triumphierte. «Der Circuito Ricardo Tormo ist auf dem Papier eine Strecke, die den Charakteristiken unseres Motorrads entgegenkommt», sagt Bagnaia.
Eine sehr komfortable Ausgangslage, die sich der Moto2-Weltmeister von 2018 noch im Frühsommer selber kaum hätte erträumen können. Nach seinem Sturz Mitte Juni im Grand Prix von Deutschland betrug Bagnaias Defizit nicht weniger als 91 Punkte auf Titelverteidiger Quartararo. Doch in der zweiten Saisonhälfte setzte der 21-fache GP-Sieger – ähnlich wie im vergangenen Jahr, als er letztlich hinter Quartararo WM-Rang 2 belegte – zu einer furiosen Aufholjagd an.
Vier Siege in Serie und acht Podestplätze in neun Rennen sind ein Leistungsausweis, der eines Weltmeisters würdig ist. «Pecco», wie er von allen genannt wird, weil seine ältere Schwester anfänglich den Namen Francesco nicht aussprechen konnte, vermochte endlich die Überlegenheit des Motorrads aus Borgo Panigale, das vor allem im Vergleich mit Yamaha und Honda handlicher zu fahren ist, auszunutzen.
Quartararo bräuchte ein Wunder
Hinzu kamen die zunehmenden Schwierigkeiten von Quartararo, dem einzigen konkurrenzfähigen Yamaha-Fahrer dieser Saison, die Defizite seiner Maschine weiterhin zu übertünchen. In den letzten sechs Grands Prix klassierte sich der Franzose nur gerade noch einmal in den ersten drei. Mit Rang 3 zuletzt in Malaysia verhinderte er immerhin eine vorzeitige Titelfeier des italienischen Konkurrenten.
In Valencia allerdings müsste aus Sicht des Franzosen ein Wunder geschehen, damit nicht Bagnaia als erster Fahrer seit dem Australier Casey Stoner (2007) auf einer Ducati den MotoGP-Titel gewänne. Zugleich wäre Bagnaia – exakt 50 Jahre nach Giacomo Agostini mit MV Agusta – in der Königsklasse der erste italienische Champion auf einem italienischen Motorrad. Es lägen «wirklich wichtige Tage» vor ihm, sagt Bagnaia. «Doch ich bin ruhig und gelassen nach Valencia gereist. Wir müssen bis zuletzt fokussiert bleiben.»