Nach Todes-Drama Rückkehr ins Auto – Rennfahrer müssen ihre Angst verdrängen

pat

5.9.2019

Schweigeminute für den verstorbenen Formel-2-Piloten Anthoine Hubert am Sonntag vor dem Formel-1-Grand-Prix in Spa.
Schweigeminute für den verstorbenen Formel-2-Piloten Anthoine Hubert am Sonntag vor dem Formel-1-Grand-Prix in Spa.
Bild: Keystone

Am vergangenen Samstag verunglückte der Formel-2-Pilot Anthoine Hubert (†22) auf der Rennstrecke tödlich, Juan Manuel Correa (20) zog sich schwere Verletzungen zu. Bereits steht das nächste Rennen auf dem Programm. Wie verkraften das die Fahrer?

Vor fünf Tagen verloren die Fahrer der Formel 2 einen Freund und Kollegen auf der Rennstrecke. Der Schock sitzt immer noch tief. Und dennoch muss es weiter gehen. Bereits am kommenden Wochenende kämpfen die Piloten in Monza wieder um Punkte. Was macht das mit einem Rennfahrer?



Der ehemalige Rennfahrer und heutige RTL-Experte Christian Danner erlebte 1985 innert drei Wochen den Tod seiner Fahrer-Kollegen Stefan Bellof (†27) und Manfred Winkelhock (†33). Dennoch stieg er immer wieder in sein Auto. Zu «Bild» sagt er: «Die einzige Erklärung ist, dass Rennfahrer keine normalen Menschen sind. Das entscheidende Wort lautet Verdrängung. Die Fähigkeit, Dinge zu verdrängen und aus dem Kopf zu streichen, das ist für einen Rennfahrer überlebenswichtig.»

Voller Fokus auf den Job im Auto

Formel-1-Pilot Charles Leclerc, der mit Anthoine Hubert befreundet war, gewann am Tag nach dem tödlichen Unfall das Trauer-Rennen von Spa. «Ich habe die Nacht nicht viel geschlafen, aber im Auto habe ich mich einzig auf den Job konzentriert», gab der Ferrari-Fahrer später zu Protokoll. 

Voller Fokus auf den Job im Auto, höchste Konzentration, kein Gedanke an die Gefahr und das Risiko des Sports. Diese Fähigkeiten müssen die Piloten mitbringen, um überhaupt Rennen bestreiten zu können. Die Angst darf niemals mitfahren. Das heisst aber nicht, dass sich die Fahrer der Gefahren auf der Piste nicht bewusst sind.

So schrieb Hamilton nach dem tragischen Unglück in einem emotionalen Post bei Instagram: «Alle diese Fahrer riskieren ihr Leben, sobald sie auf die Strecke gehen. Das muss mit mehr Ernsthaftigkeit anerkannt werden, denn das wird nicht getan. Anthoine ist für mich ein Held, weil er dieses Risiko eingegangen ist, um seine Träume zu verwirklichen.» Tags darauf stieg Hamilton wieder in seinen Boliden und beendete das Rennen in Spa hinter Leclerc im 2. Rang.



Verdrängung ist grundsätzlich aber keine gute Strategie, um mit Schicksalsschlägen umzugehen. Dessen ist sich Danner bewusst: «Im normalen Leben ist so was ausserordentlich ungesund. Wenn man die Dinge dauerhaft unter den Teppich kehrt, wird es irgendwann schwer, auf dem Teppich zu stehen.» Für viele Rennfahrer geschehe die Aufarbeitung des Verlusts aber erst nach dem Ende der eigenen Karriere.

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