Sensationssieg Wenn Präsident Macron durchklingelt: Gaslys Formel-1-«Heldentat»

dpa/lbe

7.9.2020

Pierre Gasly feierte mit seinem Team Alpha Tauri am Sonntag einen Sensationssieg in Monza.
Pierre Gasly feierte mit seinem Team Alpha Tauri am Sonntag einen Sensationssieg in Monza.
Bild: Getty

Die Formel-1-Sternstunde von Pierre Gasly in Monza ist auch eine Geschichte über Aufstieg und Fall in einer gnadenlosen Branche. Der Alpha-Tauri-Pilot, der sogar für Staatspräsident Emmanuel Macron erstmal kein Ohr hat, hofft auf eine erneute Beförderung.

Im Rausch über seinen Sensationssieg in Monza liess Frankreichs neuer Formel-1-Prinz Pierre Gasly sogar Staatspräsident Emmanuel Macron warten. «Ich muss ihn zurückrufen», kündigte der noch ganz von seinem Coup euphorisierte Alpha-Tauri-Pilot an. Als erster Grand-Prix-Gewinner Frankreichs nach 24 Jahren und erster Triumphator für den früheren Toro-Rosso-Rennstall seit Sebastian Vettel vor zwölf Jahren schrieb Gasly ein irres Kapitel Motorsportgeschichte.

«Es war ein wilder Ritt in den vergangenen Monaten und ist ganz unglaublich», meinte der 24-Jährige am Sonntag über seine Achterbahnfahrt in der Formel 1, die viel über die Gnadenlosigkeit der Branche aussagt. «Als er die Linie überschritten hat, war das eine Befreiung», meinte seine Mutter Pascale in «Le Parisien».

Schwieriger Sommer im vergangenen Jahr

Eigentlich ist Gaslys PS-Märchen aber auch schnell erzählt. Im Herbst 2017 löst der Jüngling aus der Red-Bull-Nachwuchsschmiede den Russen Daniil Kwjat bei Toro Rosso ab, das heute Alpha Tauri heisst. Wer nicht schnell genug ist, muss gehen. Für die Saison 2019 wird der Mann aus Rouen sogar ins stärkere Schwesterteam Red Bull befördert. An der Seite von Max Verstappen leistet er sich aber zu viele Fehler, zu viele Sekunden hat er Rückstand auf den Niederländer.

In der Sommerpause wird Gasly dann sogar degradiert und anstelle von Alex Albon zurück zum kleineren Rennstall geschickt. Kurze Zeit später stirbt sein Kumpel und Formel-2-Pilot Anthoine Hubert bei einem Unfall in Spa. 2015 hatte ihn schon der Tod von Jules Bianchi getroffen. «Das war ein echt harter Moment im vergangenen Jahr», erinnerte sich Gasly, der mit vier Brüdern aufgewachsen ist.



Der Tod des Freundes zehrt an ihm, aber auch der Rauswurf bei Red Bull. «Ich habe mich verletzt gefühlt und hatte den Eindruck, dass ich nicht fair behandelt wurde», erzählte nun Frankreichs erster Grand-Prix-Gewinner seit Olivier Panis 1996. Gasly rast gegen die Zweifel an. Im Herbst 2019 katapultiert er sich in Interlagos als Zweiter sogar erstmals auf das Podest.

Lob von Hamilton

«Das Vertrauen wieder aufzubauen» in so einer Lage, sei «nicht einfach», lobte WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton den jungen Kollegen, mit dem er schon mal Videospiele zockt. «Er ist ein echt netter Junge und hat viel Talent.» Dass auch Red Bull bei Gaslys cooler Siegfahrt ohne Punkte blieb, hatte dem Mercedes-Piloten zufolge eine pikante Note. «Er hat das Team geschlagen, dass ihn degradiert hat. Das muss ihnen bestimmt weh tun», stichelte Hamilton.

Ins Grübeln könnte es die Red-Bull-Führung bringen. Verstappen ist der Star-Pilot, Albon steht für 2021 auf der Kippe. Auf eine erneute Beförderung darf Gasly aber erstmal nicht hoffen. «Das ist momentan keine Überlegung», sagte Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko. «Gasly ist einer der Red-Bull-Fahrer, er ist derzeit bei Alpha Tauri, macht dort einen super Job. Wir brauchen aber auch dort einen Teamleader», erläuterte der Österreicher.



Gasly traut sich den Sprung nach oben hingegen zu. «Ich denke, ich bin bereit», versicherte er. «Es liegt aber nicht an mir, das zu entscheiden.» Alpha-Tauri-Teamchef Franz Tost würde Gaslys Abgang als Zeichen starker Arbeit sehen. «Aber aktuell bin ich ziemlich optimistisch, dass er bei uns bleibt», meinte er.

Gasly muss sich also weiter beweisen. Auch wenn der «Corriere dello Sport» von einer «Heldentat» in Monza schrieb. In Mugello, dem zweiten Ferrari-Heimrennen innerhalb von einer Woche, geht es in der Formel 1 auch schon wieder weiter. Aber erstmal musste Gasly seinen Präsidenten zurückrufen.

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