Für Stan Wawrinka sind die Olympischen Spiele nach der 2. Runde zu Ende. Die Liebe der Fans bestärkt den 39-jährige Waadtländer aber in der Überzeugung, seine Karriere noch etwas auszukosten.
«Ich bin eine Legende auf meinem Niveau», sagte Wawrinka nach dem gewonnenen Startspiel gegen den Russen Pawel Kotow. Und sein aktuelles Niveau ist weit weg von jenem seiner besten Tage, als er drei Grand-Slam-Turniere gewonnen hat, unter anderem 2015 das French Open. In der Weltrangliste ist er auf Position 149 abgerutscht. Und da er mit dem Australier Alexei Popyrin (ATP 63) auf keinen prominenten Gegner traf, fand die Partie auf dem kleinen Platz 14 statt.
Obwohl die Temperaturen unerträglich hoch waren, war dieser mehr als gut gefüllt. Die Mehrheit der Zuschauer feuerte Wawrinka mit Sprechchören wie «alle zusammen» oder «Hopp Stan, die Fans sind da» immer wieder an. Beim Stand von 2:3 aus seiner Sicht gab es die erste Welle im Stadion. Zwischendurch wurde es richtig laut, doch bot der starke australische Aufschläger dem Schweizer wenige Chancen an. Wawrinka erspielte sich keine Breakchance, obwohl er gemäss eigener Einschätzung «keinen schlechten Match» gespielt habe.
Die Liebe der Fans als Antrieb
Die Liebe der Fans ist der Grund, weshalb Wawrinka noch spielt. Sie wollen nicht, dass er das Racket an den Nagel hängt. So ganz erklären kann er sich diese Unterstützung nicht, obwohl seine Erfolge für sich sprechen. «Ich habe immer versucht, mich selber zu bleiben, ehrlich mit den Leuten zu sein», lautet seine weitere Erklärung.
Realität ist aber auch, dass über 20 Jahre auf der Profitour ihren Tribut gefordert haben, er nicht mehr so frisch und spritzig wie früher ist. So gewann Wawrinka letztmals beim Einzug in die 3. Runde an den letztjährigen US Open zwei Spiele hintereinander. Bei nur fünf Siegen im Hauptfeld von ATP-Turnieren in diesem Jahr fehlt es naturgemäss an Selbstvertrauen.
Pro und Kontra olympisches Dorf
Noch einmal wollte Wawrinka Olympische Spiele erleben, die ihm 2008 mit der Goldmedaille im Doppel an der Seite von Roger Federer eine Art Initialzündung für eine nie für möglich geglaubte Karriere erlaubt hatten. Nach langer Überlegung entschied er sich zwar gegen das Wohnen im olympischen Dorf in Paris. «Es war ein schwieriges Abwägen», gibt er nach der Niederlage gegen Popyrin zu. «Ich hätte dieses Zusammenleben mit den anderen Athleten der Schweizer Delegation gerne noch einmal erlebt.» Aber das brauche eben auch Energie, weshalb er es bei einem Besuch beliess.
Trotz seiner Beliebtheit muss sich Wawrinka nun schon die Frage stellen, wie es weitergehen soll. An der Motivation und der Freude an seinem Beruf fehlt es ihm nach wie vor nicht. «Für diese Emotionen wie heute spiele ich weiter», betont er. Das Ranking lügt aber ebenfalls nicht und könnte irgendwann zum Problem werden. Er werde als nächstes nach Nordamerika gehen und auf Hartplatz trainieren, erklärt der Romand. Für das US Open, wo er 2016 triumphiert hat, ist er allerdings auf eine Wildcard angewiesen.