Der Wind ist bei den Olympischen Spielen von Peking der allgegenwärtige Begleiter. Ein Überraschung ist das nicht, ein Ärgernis deshalb umso mehr.
Biathlet Benjamin Weger ist mit seiner Meinung wohl nicht allein, wenn er sagt: «Ein Wettkampf an einem solchen Ort, das kann es doch nicht sein.» Der Walliser hätte seine Einschätzung für Olympische Spiele im Allgemeinen – oder zumindest eine Vielzahl der Outdoor-Wettkämpfe – machen können.
Offensichtlichstes Beispiel war am Sonntag die Absage der Männer-Abfahrt, doch die Regularität anderer Sportarten leidet ebenfalls – was in Wegers Worten mitschwingt und für den grössten Ärger sorgt. Dass es im Februar im Bergland rund um Peking eisig kalt und vor allem windig ist, überrascht dagegen niemanden.
Ärger mit Ansage
Es ist sozusagen ein Ärger mit Ansage. Viel war im Vorfeld der Spiele in China über die Verletzung der Menschenrechte im Gastgeberland und fehlende Begeisterung und Stimmung für den Wintersport geklagt worden. Für die grösste sportliche Beeinträchtigung ist nun aber der Wind verantwortlich.
Bereits während der Trainingstage für die Männer-Abfahrt war fast über nichts anderes diskutiert worden. Bei jeder Analyse schwang die Angst mit, dass das Highlight auf der Olympia-würdigen Strecke entscheidend vom Wind beeinflusst würde.
Die Biathleten fürchten eine ähnliche Windlotterie, denn auch im Schiessstand kann eine Böe im falschen Moment Träume zum Platzen bringen. Da ist Wind – im Gegensatz zu anderen Sportarten – zumindest nicht gefährlich.
Windnetze retten Skispringer
Anfällig sind zum Beispiel Schanzen jeglicher Art. «Es ist ein bisschen ein Glücksspiel», stellt Ski-Freestyler Kim Gubser vor seinem Wettkampf auf der Big-Air-Schanze in Peking fest. «Normalerweise kannst du die Windverhältnisse von den Flaggen ablesen. Aber hier hat die kleinste Änderung grosse Auswirkungen aufs Tempo beim Absprung.» Etwas besser dürfte es bei den Sprüngen im Slopestyle-Wettkampf werden, wo Windstopper Abhilfe schaffen sollen.
Die futuristische Skisprung-Schanze in Zhangjiakou ist zwischen zwei Felsen eingebettet. Dennoch grenzt es an ein Wunder, dass bei den Verhältnissen überhaupt gesprungen werden kann. Die Rettung sind Windnetze, die links und rechts der beiden Schanzen für Schutz sorgen.
Ganz ohne Windsorgen sind aber auch die Skispringer nicht. «Wenn du Aufwind direkt von vorne oder seitlich hast, gibt es den gleichen Windabzug», erklärt Gregor Deschwanden. «Auf den Sprung hat es aber einen grossen Einfluss.» Der erste Medaillen-Wettkampf vom Sonntagabend verlief dann aber – fast schon ironischerweise – fast bei Windstille.
Zeitdruck immer grösser
Die Skifahrer hofften derweil, am frühen Montagmorgen Schweizer Zeit ihr Programm starten zu können. Die Verschiebung der Männer-Abfahrt sorgt aber bereits für Sorgenfalten bei den Verantwortlichen. Der Zeitdruck ist beträchtlich.
Zum einen mussten nun am Montag die verschobene Abfahrt und zwei Läufe des Frauen-Riesenslaloms reingedrückt werden, was die zeitliche Flexibilität weiter reduziert. Zum anderen müssen die Männer bis am Donnerstag auch noch einen Super-G und eine Kombinations-Abfahrt durchführen, damit die Frauen ins Speed-Gelände dislozieren können.
Sie dürften dort am exponierten Berg Xiaohaituo, wo es im Winter eigentlich immer Wind hat, die gleichen Probleme antreffen. Am Sonntag wäre für die Männer eine faire Abfahrt nicht möglich gewesen. Mit dem zunehmenden Zeitdruck steigt aber täglich die Gefahr, ein Rennen auch bei zweifelhaften Verhältnissen durchzupeitschen.
Um Benjamin Wegers rhetorische Frage zu beantworten. Es war das IOC, das auf die Idee kam, ausgerechnet an einem derart windexponierten Ort Olympische Spiele durchzuführen.