Maximal zwölf der Top 20 Darum ist die Olympia-Begeisterung bei den Tennisprofis so klein

sda

15.7.2021 - 13:56

Hat die Nase voll von Corona-Bubbles: Wimbledon-Halbfinalist Denis Shapovalov.
Hat die Nase voll von Corona-Bubbles: Wimbledon-Halbfinalist Denis Shapovalov.
Bild: Keystone

Fast die Hälfte der Topstars wird beim olympischen Männerturnier fehlen. Die Begeisterung für die fünf Ringe hat bei den Tennisprofis in der Pandemie arg gelitten.

15.7.2021 - 13:56

Zwei der drei Tennis-Superstars haben schon abgesagt, Novak Djokovic tut sich mit dem Entscheid schwer. Als «50/50» bezeichnete der Überflieger der letzten Jahre die Chance einer Teilnahme, die Zeichen deuten eher auf einen Verzicht. Rafael Nadal (Gold im Einzel 2008 und im Doppel 2016) und Roger Federer (Gold im Doppel 2008 und Silber im Einzel 2012) haben ihre olympischen Schäfchen schon im Trockenen und sagten zwecks Erholung des Körpers (Nadal) respektive Schonung des Knies (Federer) ab.

So dürften je nach Entscheid Djokovics nur 5 oder 6 Top-Ten-Spieler und 11 oder 12 aus den Top 20 in Tokio dabei sein. Unter vielen anderen fehlen neben Federer und Nadal auch US-Open-Champion Dominic Thiem, Stan Wawrinka oder der Wimbledon-Halbfinalist Denis Shapovalov, der zugab, «die Nase voll» von der Corona-Isolation zu haben.

Es ist nicht neu, dass Olympia für die hoch bezahlten Tennisprofis nicht die gleiche Bedeutung hat wie für fast alle anderen Sportler. Nach der Wiedereinführung 1988 heissen die ersten beiden Einzel-Olympiasieger Miloslav Mecir und Marc Rosset. Hervorragende Spieler, aber doch solche, die es nie zur Nummer 1 der Welt oder zu einem Grand-Slam-Titel brachten. Danach aber wurde das Olympia-Feld immer illustrer. Mit Ausnahme von Nicolas Massu (2004) gehören die weiteren Olympiasieger mit Andre Agassi, Jewgeni Kafelnikow, Nadal und zweimal Andy Murray ausnahmslos zu den Grossen ihrer Zunft.

Grand Slams über Olympia

Die Big 3 – oder Big 4, wenn man Murray mit einrechnet – gehörten schon in jungen Jahren zu den Anhängern des Olympiaturniers und halfen so bei der positiven Entwicklung. Die Reduktion des Spielformats auf Best-of-3 nach 1992 half im dichtgedrängten Tenniskalender ebenfalls. In diesem Jahr ist nun aber vieles anders – und es hat sehr stark mit der Corona-Pandemie zu tun.

Bei aller Sympathie für den olympischen Gedanken, die vier Grand-Slam-Turniere stehen in der Hierarchie der Racketkünstler noch immer weit über Olympia. Hier gibt es viel Geld und Weltranglistenpunkte zu gewinnen – und deutlich mehr Prestige. Manche brauchen eine Pause von den Corona-Einschränkungen, die gerade in Tokio besonders streng sein werden. Bei den anstehenden Turnieren der ATP und WTA in Nordamerika fallen hingegen praktisch alle Restriktionen weg, auch die Familien und die laufend grösser werdende Entourage der Spieler sind wieder willkommen. Die letzten Monate in der Corona-Blase waren für viele auch mental sehr belastend.

Chance und Risiko für Djokovic

Für manche kann das Fehlen einiger Stars die grosse Olympia-Chance sein. Für Djokovic ist es Chance und Risiko zugleich. Geht in Tokio etwas schief, könnte er seine vielleicht einmalige Chance auf den Sieg am US Open und damit dem Kalender-Grand-Slam gefährden. Anderseits hat der 34-jährige Serbe bei Olympia erst eine Bronzemedaille im Palmarès. Und die Möglichkeit eines Golden-Slams, wie ihn erst Steffi Graf 1988 schaffte, dürfte nicht ein zweites Mal kommen.

Djokovic hatte erklärt, ohne Zuschauer wolle er nicht spielen. Dies ist nun aber der Fall, und es macht seinen Entscheid nicht einfacher, wie das lange Zögern zeigt.

«King of the Castle» – Pat Cash traut Djokovic den Grand Slam zu

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15.07.2021

sda