Der Kenianer Eliud Kipchoge ist im olympischen Marathon in Paris nur ein Nebendarsteller. Die Gründe für das Scheitern des langjährigen Dominators sind wohl ausserhalb des Sports zu suchen.
Kipchoge ist nicht nur der Marathon-Olympiasieger von 2016 und 2021. Er war auch Weltrekordhalter gewesen, bevor ihn sein Landsmann Kelvin Kiptum im vergangenen Oktober ablöste. Vier Monate nach seinem Sieg im Chicago Marathon, bei dem er sich bis auf 35 Sekunden der Zwei-Stunden-Marke näherte, war Kiptum tot. Er verstarb im Alter von 24 Jahren bei einem Autounfall.
Verleumdungs-Kampagne
Die Tragik um Kiptum zeitigte auch für Kipchoge Folgen. Er wurde zur Zielscheibe von Anfeindungen, im Internet waren Hasstiraden und Verschwörungstheorien zu lesen. Kipchoge wurde unterstellt, mitschuldig an Kiptums Unfalltod zu sein. Ihm wurden Neid und Missgunst unterstellt. Ihm wurde unter anderem zum Vorwurf gemacht, Kiptum in Chicago nicht umgehend zum Weltrekord gratuliert zu haben.
Die anonymen Drohungen und völlig aus der Luft gegriffenen Anfeindungen sind nicht nur an ihn, sondern auch an seine Familie gerichtet. Kipchoge versucht die Seinen mittlerweile so gut als möglich zu schützen; beispielsweise werden die Kinder mit dem Auto zur Schule gefahren und auch wieder abgeholt.
Die Umstände beschäftigen Kipchoge selbstredend, auch wenn er zuletzt keine diffamierenden Meldungen mehr zu lesen bekommen hat. Sein Management hat die entsprechenden Zugänge sperren lassen. Kipchoge lebt seit Monaten ein Leben in Angst. Er kann nicht mehr sich selbst sein. Jedes Training wird zur mentalen Herausforderung. Die Qualität ist nicht mehr dieselbe wie zuvor. Die Konzentration auf seine Arbeit fällt ihm schwer.
Nicht auf gewohntem Leistungsniveau
Mit Gedanken im Kopf fernab des Sports ist Kipchoge offensichtlich nicht in der Lage, seine gewohnte Leistung zu erbringen. Anfang März im Marathon in Tokio hat er sich mit Rang 10 bescheiden müssen – eine völlig ungewohnte Klassierung für ihn, der im Normalfall jedes Rennen über die 42,195 Kilometer dominiert.
Wie sehr die unerträgliche Situation Kipchoges gescheiterten Auftritt im olympischen Marathon in Paris beeinflusst hat, darüber kann nur spekuliert werden. Über den Zeitpunkt, wann die Normalität ins Leben des Kenianers zurückkehren wird, ebenso.