An den Olympischen Spielen betreten die Abfahrer absolutes Neuland. Wie ist diese Kunstschnee-Strecke in China – und wie stehen dort am Sonntag die Chancen der Schweizer? Pistenbauer Bernhard Russi schätzt die Lage ein.
Zwei Schweizer Olympiasieger haben die Strecke konzipiert: Der erprobte Pistenbauer Bernhard Russi zusammen mit Didier Défago. Sie nennt sich «The Rock» und ist am Xiaohaituo Mountain in Yanqing, lediglich 50 Kilometer nördlich von Peking.
Der Start befindet sich am Gipfel des Berges in 2179 Metern Höhe, das Ziel liegt auf 1285 Metern, die Streckenlänge wird mit 2950 Metern angegeben. Gefahren wird auf Kunstschnee, da in dieser Region kaum Schnee fällt. Es gibt grosse Sprünge bei hohem Tempo – und auch die technischen Passagen kommen nicht zu kurz.
«Grundsätzlich kann man sagen, dass es eine überraschend gute Strecke ist, die eigentlich alles beinhaltet. Es sollte eigentlich sehr attraktiv werden», sagt Russi, der in den letzten sieben Jahren mit dem Projekt betraut war.
«Diese Abfahrt wird von den Sprüngen leben»
«Ich glaube, dass diese Abfahrt von ihren Sprüngen leben wird. Wir haben vier gute Sprünge eingeplant, an denen man ohne weiteres 60 Meter springen kann», so Russi weiter. Nun gehe es bei diesen noch um die Feinabstimmung – auch anhand der Läufe von Vorfahrern, die nun zum Einsatz kommen.
Die Abfahrt ist aber für alle Fahrer Neuland. Im Februar 2020 waren zwar Weltcup-Rennen geplant, die aber wegen der beginnenden Coronavirus-Pandemie abgesagt wurden. Auch 2021 war kein Test-Event möglich.
Russi: «Es war noch niemand auf der Strecke, weder die Fahrer, noch ein Trainer oder sonst wer. Ihre Trainingspisten sind unmittelbar nebenan und die Franzosen haben wir schon getroffen und auch die Italiener und Österreicher habe ich neben der Strecke gesehen. Sie können die Abfahrtspiste zwar von der Gondel aus sehen, aber sonst haben sie bis jetzt noch nicht viel gesehen.»
«Mindestens ein Dutzend können gewinnen»
Aber natürlich befassen sich die Favoriten trotzdem schon länger mit dem wichtigsten Rennen des Jahres und wissen durchaus Bescheid, was sie auf der «The Rock» erwartet. Auch die Konkurrenz aus Österreich. Matthias Mayer weiss, dass es «im oberen Teil ein bisserl wellig dahingeht», dann komme ein längerer steilerer Hang und zum Schluss noch einmal «ein Gleitstück ins Ziel». Interessant sehe das aus, findet der Abfahrts-Olympiasieger von 2014 in Sotschi.
Doch auf welchen Fahrertypen ist die Olympia-Abfahrt 2022 zugeschnitten? Beat Feuz? Marco Odermatt? Einen anderen Topfavoriten oder eher einen Aussenseiter? Russi antwortet darauf mit einer Gegenfrage: «Gibt es denn eine Abfahrt, die für Feuz und Odermatt nicht gut ist? Ich würde sagen Nein, solange sie schwer genug ist und Schwierigkeiten gibt es in dieser Olympia-Abfahrt.»
In der Detailanalyse sagt Russi: «Der obere Teil liegt sehr wahrscheinlich eher Marco und der untere Teil vielleicht eher Beat. Aber es gibt noch viele andere, die wir nicht vergessen dürfen, wir haben nicht die einzigen Topfavoriten.» Konkret sagt Russi: «Es gibt mindestens ein Dutzend, die diese Olympia-Abfahrt gewinnen können.»
blue News blickt in der Serie «Olympia-Countdown» auf die Spiele in Peking – das war Teil 7 von 7.