Out in den Achtelfinals gegen einen Südkoreaner: Deutschlands weltbekannter Tischtennisspieler Timo Boll muss am Olympia-Turnier in Tokio eine Enttäuschung verarbeiten.
Wie Roger Federer kommt auch Timo Boll, eine Ausnahmeerscheinung im Tischtennis, in die Jahre. Die Zeit der grossen Erfolge dürfte mit dem bitteren frühen Ausscheiden vorüber sein. Ob Boll seine Karriere beendet, ist jedoch offen oder sogar fraglich. Vor den Sommerspielen sagte er in einem Interview, er fürchte sich vor dem Ruhestand, vor dem Leben nach dem Spiel an der Platte. So ist es denkbar, dass der 40-jährige Hesse noch eine Zeitlang weiterfährt.
Für die allerbesten europäischen Tischtennisspieler gibt es seit ungefähr 30 Jahren – seit die Asiaten ihre immer stärker gewordene Dominanz begonnen haben – zwei Welten: Europa und die Welt. In Europa sind sie unter ihresgleichen. Aber an den wichtigsten Wettkämpfen, den Weltmeisterschaften und den Olympischen Spielen, kommen sie kaum noch an den Asiaten vorbei, am wenigsten an den Chinesen.
Ausnahmen gab es wenige. Der geniale Schwede Jan-Ove Waldner war als Olympiasieger und Weltmeister eine solche. Werner Schlager vollbrachte 2003 als Weltmeister aus Wiener Neustadt in Niederösterreich eine Sensation.
In die falsche Zeit geboren?
Timo Boll, ein Jahrgänger von Roger Federer, konnte seine Karriere altersbedingt erst entfalten, als die asiatische Hegemonie schon längst galt. So muss er jetzt, wo das Ende der Karriere herankommt, feststellen, dass er im Einzel achtmal Europameister wurde, aber nie Olympiasieger und nie Weltmeister. An den grössten Anlässen war WM-Bronze 2011 der schönste Erfolg.
2004 in Athen hätte Boll den olympischen Coup landen können. Er war Erster der Weltrangliste und mit 23 Jahren in einer phantastischen Form. Aber er scheiterte in den Viertelfinals überraschend an Jan-Ove Waldner, der damals schon ein Veteran war.
Immer an den grössten Anlässen schien Boll über die eigenen Erwartungen zu stolpern. Daneben spielte er fast 20 Jahre lang auf dem höchsten Niveau, jenem der Chinesen. Den World Cup, an dem sich jeweils die gesamte Weltelite misst, gewann er zweimal. Vier weitere Male war er im Final. Ab 2003 war er in vier Perioden die Weltnummer 1. Im März 2018, mit 37 Jahren, bestieg er letztmals der Thron.
Training gegen Bolls Double
Die Chinesen fürchteten sich immer vor Timo Boll, mehr als vor jeden anderen. Der chinesische Verband liess Spitzenspieler mit Bolls Spielweise und Eigenheiten ausbilden. Nur damit die Koryphäen vor den wichtigsten Einsätzen jederzeit gegen «Boll» trainieren konnten. Das war wohl das grösste Kompliment, das dem richtigen Boll zuteil wurde.