Schweizer Slopestyle-Star Andri Ragettli: «Man kann sich hier einen riesigen Namen schaffen»

sda

16.2.2018 - 16:23

Andri Ragettli gibt in Pyeongchang sein Olympia-Debüt.
Andri Ragettli gibt in Pyeongchang sein Olympia-Debüt.
Source: KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Im Frühling vor einem Jahr erhält Andri Ragettli ein SMS von Novak Djokovic. Der serbische Tennisstar reagiert auf einen Video-Beitrag des Schweizer Freeski-Künstlers.

Die Londoner Yellow Press hat sich schon mit ihm und seinem «kranken Video» beschäftigt, auf Youtube machten bereits Millionen mit dem Flimser Bekanntschaft. Der Swiss-Ski-Coach JP Furrer stellt ihn in Südkorea einer internationalen Journalistenrunde so vor: «Hier sitzt Andri Ragettli, bekannt aus dem Internet.» Nicht Funk und Fernsehen machten den Bündner zu einem Star der Freeski-Szene, sondern auf Social-Media-Plattformen veröffentlichte private Aufnahmen aus der persönlichen Trickkiste.

Nicht nur Ragettli lanciert regelmässig virale Hits, auch seine Teamkollegen unterhalten die Öffentlichkeit erstklassig. Olympische Primetime ist zugleich eigene Showtime. Zu Fabian Böschs einhändigem Liftstunt meldete sich sogar die US-Ski-Queen Lindsey Vonn via Twitter zu Wort: «Ich will diesen Jungen finden.» Freeski-Profis sind auch Klick-Experten. Eine gute Onlinepräsenz gehört zu ihrem Business.

«Meine Athleten sind topfit»

Aber stilsicher sind sie nicht nur ausserhalb des Slopestyle-Parks unterwegs. Das Kerngeschäft findet im Parcours statt. Kicker und Rails, Timing und Risikobereitschaft, Verzicht und harte Lektionen im Kraftraum. Hinter der Show stecken schweisstreibende Tage. «Meine Athleten sind topfit», sagt Misra Noto. Der Chef begleitet die Crew seit Jahren, kennt jedes Detail.

Die Slapstick-Szenen und schrillen Blogeinträge auf der eigenen Facebook-Seite des Teams sind nur ein Teil der Wahrheit. Nur zum Vergnügen ist keiner angereist. Das Olympia-Team will sich für das kollektive Grounding beim Debüt vor vier Jahren rehabilitieren; vom Leistungsdruck bleibt auch die Künstlerfraktion nicht verschont.

2016 hat der Bündner seine Zuckerzufuhr markant gesenkt; er verzichtet seither komplett auf Süssgetränke. Unverändert gross ist dagegen sein Erfolgsdurst. Der frühere Gesamtweltcupsieger will «definitiv nicht nur im Internet auffallen». Trainer Noto attestiert dem leidenschaftlichen Roger-Federer-Fan einen unbändigen Willen, Fortschritte zu erzielen: «Er lebt hoch professionell und macht alles, um führend zu werden in seinem Sport.»

Ragettli ist die Bedeutung der Winterspiele bewusst: «Man kann sich hier einen riesigen Namen schaffen.» Es geht ihm neben den unzähligen Instagram-Streifen und verfilmten Momentaufnahmen um die sportliche Leistung, darum, sich den Respekt der Konkurrenten zu verdienen. Auf den Kickern will er punkten, im Kopf hat er Triple Cork, geschraubte Dreifach-Saltos.

Der Nummer-1-Status auf der Tour genügt ihm nicht, Ragettli träumt in anderen Sphären: «Ich will meinen Sport irgendwann dominieren.» Am liebsten so wie der amerikanischer Über-Boarder Shaun White. «Extrem krass, was er hier im Alter von 31 wieder geleistet hat. Er ist der Grösste im Snowboard. Bei ihm ist klar: Wenn White irgendwo antritt, redet er oben mit.»

Im Kontext mit der Ikone White ist spürbar: Ragettli hält mit seinen Ambitionen nicht zurück. Aus Storys, wie sie der dreifache Olympiasieger geschrieben hat, schöpft der Schweizer Teenager Motivation und Inspiration. Dass er sich keine Grenzen setzt, hat der 19-Jährige im letzten März demonstriert – mit dem ersten Vierfachsalto der Ski-Freestyle-Geschichte.

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