Trotz fehlender RennpraxisCheftrainer Stauffer: Carlo Janka muss bei Olympia liefern
sda
7.2.2018
Knie-Patient Carlo Janka darf sich in Pyeongchang ohne Rennpraxis beweisen. Doch der Olympiasieger von 2010 muss sich beweisen. «Er muss zeigen, dass er ein Kandidat für das Podest ist», sagt Cheftrainer Tom Stauffer.
Die Temperaturen tief im Minusbereich, dazu eine giftige Brise: Den Olympia-Athleten bläst in Südkorea ein eisiger Wind um die Ohren. In Jeongseon, dem abgelegenen kleinen Retorten-Resort, in dem die alpinen Speedfahrer ihre Wettkämpfe bestreiten, muss sich einer besonders warm anziehen: Carlo Janka.
Vom 31-jährigen Bündner, der es dank einer von Swiss-Ski gezogenen Medizinalklausel ohne Weltcup-Nachweise in der laufenden Saison ins Olympia-Aufgebot geschafft hat, erwarten die Trainer in den Abfahrts-Trainings der kommenden Tage mehr als von den anderen. «Für ihn gelten spezielle Kriterien», sagt Cheftrainer Thomas Stauffer am Medientreff im Hotel Park Roche am Fuss des olympischen Abfahrtshangs, wo die grossen Ski-Nationen ihr Lager bezogen haben.
Im Gegensatz zur Olympiaselektion lässt man beim Riesenslalom-Olympiasieger von 2010 keine Nachsicht walten aufgrund dessen Verdienste und dessen Super-G-Sieg bei der Olympia-Generalprobe vor zwei Jahren. Im Gegenteil. Um Missverständnisse zu vermeiden, fügt Stauffer an: «Er muss zeigen, dass er ein Kandidat für das Podest ist.»
«Es war ein sehr langer Weg»
Carlo Janka ist ein Sonderfall. Wegen seines Ende Oktober erlittenen Kreuzband(an)risses bestritt er in dieser Saison kein einziges Weltcuprennen. Die Hoffnung auf eine Olympiateilnahme gab er nicht auf – trotz phasenweiser Zweifel. Er entschied sich für eine konservative Behandlung, verzichtete auf eine Operation und schuftete über Monate dafür, ausreichend Stabilität in das lädierte Knie zu bekommen, um an den Olympischen Spielen teilnehmen zu können.
Die Rechnung ging gerade so auf. Dreimal versuchte er sich im Weltcup. Sowohl in Wengen als auch in Kitzbühel und in Garmisch verzichtete er nach den Trainingsfahrten auf Starts in den Rennen, auch um den Verletztenstatus bei der Startnummernvergabe nicht zu verlieren. «Es war ein sehr langer Weg bis hierhin, ein ständiges Auf und Ab und ein Wechselbad der Gefühle», sagt Janka auf die letzten Monate zurückblickend.
Auch Janka weiss um seine Sonderrolle. «Andere haben sich den Startplatz mehr verdient», sagt er selber. Jankas Glück war, dass im 22er-Kontingent von Swiss-Ski letztlich ein Platz frei war, weil Gian Luca Barandun die Selektionskriterien mit einem Top-15-Platz nur zur Hälfte erfüllt hatte. Anderenfalls hätte Janka die Chance nicht bekommen, sich in Pyeongchang zu beweisen, bestätigt Stauffer.
Chancen in drei Disziplinen
Mit guten Trainingsresultaten kann sich Janka also für Olympia-Starts aufdrängen – nicht nur in der Abfahrt, sondern auch in der Kombination, wo noch ein Platz frei ist, und im Super-G, wo nur Beat Feuz und Thomas Tumler gesetzt sind. Seit Janka wieder mit dem Team unterwegs ist, stellte Stauffer fest: «Er wird von Tag zu Tag besser.»
Chancenlos ist Janka definitiv nicht, zumal sich die Piste in Jeongseon in perfektem Zustand präsentiert und entsprechend wenige Schläge aufweist. Solche bereiten ihm derzeit noch am meisten Probleme. Ansonsten sagt Janka: «Es geht mir gut. Ganz schnelle Bewegungen bereiten mir noch Probleme, aber solche braucht es zwischen den Toren nicht wirklich.»