Holdener schnuppert am Slalom-Triumph Die Hoffnung lebte – bis Shiffrin kam

ber, sda

20.11.2022 - 22:08

Wendy Holdener war einmal mehr erste Gratulantin für Mikaela Shiffrin.
Wendy Holdener war einmal mehr erste Gratulantin für Mikaela Shiffrin.
Bild: Keystone

Wendy Holdener ist ein weiteres Mal nahe dran an ihrem ersten Weltcup-Sieg im Slalom, doch eine ist am Ende doch wieder etwas besser. Die Schwyzerin wird im zweiten Rennen in Levi in Finnland hinter der Amerikanerin Mikaela Shiffrin Zweite.

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Ein Traumlauf wars, den Wendy Holdener im zweiten Durchgang auf die Piste zauberte. Um über eine Sekunde und mehr hatte sie die vor ihr gestarteten Konkurrentinnen in die Schranken gewiesen.

1,14 Sekunden Abstand, um genau zu sein – das sollte doch endlich reichen für den ersten Sieg in einem Weltcup-Slalom, für den nach 29 Podestplätzen in dieser Disziplin längst überfälligen ersten Sieg. Hoffnung und Überzeugung mehrten sich zusätzlich, als auch Petra Vlhova und Lena Dürr, am Morgen als Dritt- und Zweitplatzierte ein wenig schneller als die viertklassierte Schweizerin, ihre zweite Fahrt hinter sich gebracht hatten – und deutlich an Wendy Holdeners Vorgabe gescheitert waren.

Oben stand nur noch Mikaela Shiffrin. 21 Hundertstel Vorsprung nahm sie mit auf den Weg. Ein Hauch von Zeit, der nicht den geringsten Fehler erlaubte, wollte die Amerikanerin ihren Sieg vom Vortag wiederholen. Auf halber Strecke war die Differenz auf die Hälfte geschrumpft. Noch einmal wurde der Glaube im Schweizer Lager an Wendy Holdeners Premiere grösser.

Doch es sollte nicht reichen. Mikaela Shiffrin spielte in den letzten Passagen vor dem Ziel erneut ihre Vorzüge aus und war sogar auch in diesem zweiten Lauf noch etwas schneller, so dass am Ende 28 Hundertstel zu ihren Gunsten entschieden. Wieder stand sie Wendy Holdener im Weg. Zum fünfzehnten Mal wurde die Schwyzerin nun Zweite in einem Weltcup-Slalom, zum elften Mal hinter der Amerikanerin.

Nahe an der Perfektion

Tags zuvor hatte Wendy Holdener nach Rang 5 eine gewisse Enttäuschung nicht verbergen können. Und jetzt, nach diesen Minuten, in denen sie in ihrer Gefühlswelt Achterbahn fuhr und sich der Traum doch wieder nicht erfüllte? Frust? Nein. Ärger? Schon gar nicht. Für die Innerschweizerin standen die positiven Aspekte und die erste Analyse ihrer Leistung im Vordergrund. Die Gewissheit, sich wieder mit den Allerbesten messen zu können, dass die Anpassungen bei ihrem Fahrstil – höhere Standposition, schmalere Skistellung – fruchten, liess keinen Platz für Ernüchterung.

Ihre zweite Fahrt sei nahe der Perfektion gewesen, sagte Wendy Holdener. Nahe hiess für sie, dass sie bei genauerer Betrachtung doch noch das «eine oder andere» ausmachen könnte, was nicht ganz optimal war. Natürlich kamen auch bei ihr Gedanken auf, dass es diesmal nach ganz vorne reichen könnte. «Aber sicher bin ich mir nie gewesen.» Sprachs und schickte Gratulationen Richtung Mikaela Shiffrin. «Sie hat verdient gewonnen.»

Shiffrin wie zu besten Zeiten

Weltcup-Punkte gab es für drei weitere Schweizerinnen. Michelle Gisin wurde mit Platz 16 ihren Ansprüchen selbstredend nicht gerecht. Immerhin lieferte die Obwaldnerin nach saisonübergreifend drei Ausfällen wieder ein zählbares Ergebnis ab. Nicole Good steigerte ihr Bestergebnis auf dieser Ebene um vier Positionen auf Rang 19. Die Sarganserländerin sicherte sich zum dritten Mal Weltcup-Punkte. Aline Danioth fiel nach einem zeitraubenden Fehler bei der Einfahrt in den Steilhang von Platz 16 ans Ende des Klassements zurück.

Mikaela Shiffrin gewann in Levi zum sechsten Mal, so oft wie keine andere Fahrerin. Sie demonstrierte im Hohen Norden wieder die ganz hohe Kunst des Slalom-Fahrens. Sie trat auf wie zu ihren besten Zeiten, in denen sie im Stangenwald praktisch unschlagbar war, in denen sie den grössten Teil ihrer nunmehr 49 Siege in dieser Disziplin errang. Beim verspäteten Auftakt in den Weltcup- und WM-Winter machte sie den Eindruck, dass sie die Schaffens- und Sinnkrise, in die sie nach dem Tod ihres Vaters vor knapp drei Jahren geraten war und während der sie auch den Rücktritt nicht ausgeschlossen hatte, endgültig überwunden hat.

SDA