Kamil Stoch schrieb in Bischofshofen Wintersport-Geschichte. Als erst zweiter Skispringer gewann der 30-jährige Pole sämtliche Wettkämpfe einer Vierschanzentournee.
An der 66. prestigeträchtigen deutsch-österreichischen Wettkampf-Serie verteidigte Stoch nicht nur seinen Titel aus dem Vorjahr erfolgreich, er schaffte als erst Zweiter nach dem Deutschen Sven Hannawald 2001/02 auch den "Grand Slam" mit Siegen bei allen vier Tournee-Springen in Oberstdorf, Garmisch-Partenkirchen, Innsbruck und Bischofshofen.
Nach dem letzten Sprung Stochs sprintete Hannawald, mittlerweile als Experte für den TV-Sender Eurosport tätig, in den Auslauf der Paul-Ausserleitner-Schanze von Bischofshofen und gratulierte dem Polen überaus herzlich und emotional. Die beiden einzigen Vierfachsieger in der Geschichte der Vierschanzentournee waren just in dem Moment, in dem sie beide einen Eintrag im Skisprung-Geschichtsbuch teilten, den Tränen nahe und genossen das Jubelbad in der Menge. Ehrlich gesagt wisse er derzeit noch nicht genau, was dieser Triumph für ihn bedeute, so Stoch. "Ich bin stolz auf das, was ich bislang geschafft habe. Aber ich glaube, es gibt noch immer Dinge, die ich besser machen kann."
Dermassen überlegen wie zwei Tage zuvor in Innsbruck setzte sich Stoch beim letzten Tournee-Wettkampf nicht durch. Bei Halbzeit im Salzburgerland hatte er zwar bereits in Führung gelegen, doch ausgerechnet ein polnischer Landsmann, David Kubacki, lag mit 2,5 Punkten Rückstand gefährlich nahe bei ihm. Den zweiten Umgang verpatzte Kubacki jedoch und fiel in den 9. Rang zurück, während sich der zweimalige Olympiasieger aus Zakopane als Tagesgewinner mit 3,2 Punkten Vorsprung gegenüber dem Norweger Anders Fannemel feiern lassen durfte. Dritter wurde der Deutsche Andreas Wellinger, der die Vierschanzentournee als Gesamtzweiter beendete - mit 69,6 Punkten respektive knapp 40 Metern Rückstand.
Seit Engelberg in der Spur
Wie im Vorjahr war Stoch nicht als Topfavorit in die Tournee gestartet, lief aber im entscheidenden Moment zur Hochform auf. Die erfolgreiche Titelverteidigung wurde ihm nicht unbedingt zugetraut - schon gar nicht mit vier Siegen. Die Ränge 3 und 2 in Engelberg eine Woche vor Weihnachten deuteten aber im Nachhinein betrachtet seinen Steigerungslauf an.
Nach den Norwegern Olaf Björnstad, Toralf Engan und Björn Wirkola, den Japanern Yukio Kasaya und Kazuyoshi Funaki, Helmut Recknagel (DDR), Max Bolkart (BRD), dem Finnen Janne Ahonen sowie Hannawald war Stoch der zehnte Skispringer gewesen, der sich mit drei Siegen die Chance auf das Erreichen des Grand Slams hatte "erspringen" können. Nur Hannawald vor 16 Jahren und er am diesjährigen Dreikönigstag gewannen schliesslich auch ein viertes Mal.
Die Triumphe an der Vierschanzentournee 2017 und 2018 kamen für Stoch auf völlig unterschiedliche Weise zustande. Heuer sprang er die Konkurrenz in Grund und Boden, vor Jahresfrist stemmte er den goldenen Adler für den Gesamtsieg nach nur einem Erfolg, jenem zum Abschluss in Bischofshofen, in die Höhe. Saisonübergreifend kommt er damit als erst dritter Athlet nach Recknagel und Hannawald auf fünf Siege de suite im Rahmen der Tournee.
Stoch hält sich konstant in der Weltspitze - sieht man von kleinen Schwankungen ab, die jeden Skispringer erfassen. Seit dem Winter 2010/11 belegte er im Weltcup-Schlussklassement mit einer Ausnahme stets einen Top-10-Platz. Vor zwei Jahren kam er nicht auf Touren (Rang 22), aber der seit 2010 verheiratete Skispringer fand den Rank rasch wieder. Inzwischen ist er bei 26 Weltcupsiegen angelangt; während der Tournee überholte er unter anderen Simon Ammann (23 Weltcupsiege).
Kein Schweizer Exploit
Ammann hatte mit Rang 3 in der Qualifikation vom Freitag hohe Erwartungen geschürt. Der erste Top-10-Platz hätte es zum Abschluss der Tournee, die mit den Rängen 18, 51 und 32 zuvor überhaupt nicht nach seinen Vorstellungen verlaufen war, werden sollen. Der viermalige Olympiasieger sprang wie in der Qualifikation mit dem alten Schuh, vermochte jedoch nicht an seine starke Leistung vom Vortag anzuknüpfen. Immerhin gelang ihm im Finaldurchgang eine Steigerung und ein Vorstoss um drei Positionen in den 18. Rang. Killian Peier, der zweite Schweizer Starter, schaffte es als 28. ebenfalls in die Weltcup-Punkteränge.
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