Bruno Kernen «Kriechmayrs Sieg hinterlässt einen fahlen Beigeschmack»

Von Martin Abgottspon

15.1.2022

«Auch ein müder Feuz kann die Skis noch gehen lassen»

«Auch ein müder Feuz kann die Skis noch gehen lassen»

Beat Feuz wird in der Lauberhorn-Abfahrt hinter dem Österreicher Vincent Kriechmayr Zweiter, Marco Odermatt starker Vierter. Weniger gut läuft es Carlo Janka im letzten Rennen seiner Karriere. Das sagen die drei Ski-Cracks im Interview.

15.01.2022

Der frühere Ski-Rennfahrer und heutige Experte Bruno Kernen gibt sich gegenüber blue Sport enttäuscht über den verpassten Sieg von Beat Feuz am Lauberhorn. Umso mehr, weil Vincent Kriechmayr nur dank einer Sonderbewilligung am Start war.

Von Martin Abgottspon

15.1.2022

Am Ende fehlten Beat Feuz genau 34 Huntertstel-Sekunden, um am Lauberhorn Ski-Geschichte zu schreiben. Mit einem Sieg wäre er der alleinige Abfahrts-Rekordsieger in Wengen gewesen und hätte Franz Klammer überflügelt, der wie er drei Lauberhorn-Triumphe erreichte. Dies wusste der Österreicher Vincent Kriechmayr an diesem Samstag aber zu verhindern.



Ausgerechnet der Weltmeister krallt sich den Sieg am Lauberhorn. Ausgerechnet deshalb, weil Kriechmayr ursprünglich gar nicht hätte starten dürfen. Der Österreicher ist vergangene Woche positiv auf Covid getestet worden. Nach einem weiteren Test, der negativ ausfiel, hatte er von den Behörden am Mittwochnachmittag die Erlaubnis erhalten, in die Schweiz zu reisen. Die Abfahrtstrainings in Wengen am Dienstag und Mittwoch hatte er da aber schon verpasst.

Laut Reglement des Weltverbandes FIS ist die Teilnahme an mindestens einem Training jedoch Pflicht für den Start in den Rennen. Dies löste bereits am Freitag Diskussionen bei der verkürzten Abfahrt aus, als Kriechmayr trotzdem im Starthaus stand. Da er nur Zwölfter wurde, beruhigten sich die Gemüter aber schnell wieder. Nach seinem Sieg am Samstag beurteilt man die Sonderbewilligung für seinen Start nun aber wieder etwas kritischer.

«Man muss Kriechmayr aber wirklich zu Gute halten, dass er im Ziel sehr anständig und verhalten gejubelt hat.»

Auch Bruno Kernen ist etwas zwiegespalten nach Kriechmayrs Sieg. Auf der einen Seite versteht der Wengen-Sieger von 2003 zwar, dass die Rennleitung die besten Athleten am Starte haben will, auf der anderen Seite sei es einfach nicht ganz fair. «Kriechmayr hat den Sieg heute sicher nicht geklaut, er war der Schnellste. Allerdings hinterlässt dieses Resultat einen fahlen Beigeschmack», so Kernen gegenüber blue Sport. «Man muss Kriechmayr aber wirklich zu Gute halten, dass er im Ziel sehr anständig und verhalten gejubelt hat.»

Dass es für Feuz aus sportlicher Sicht nicht ganz gereicht hat, führt Kernen auf einige kleine Fehler zurück, die einfach zuviel waren. Beim einen Sprung geriet Feuz sogar ins Wanken als er mit der Schulter zu stark am Tor anhängte. «Im Ziel konnte man es dann auch schon erahnen, dass dies nicht die absolute Top-Fahrt war, als Feuz dezent den Kopf schüttelte. Leider hat er mit diesem Gefühl einmal mehr Recht behalten», sagt Kernen.

Odermatt einmal mehr unglaublich

So gross die Enttäuschung über die verpassten Sieg ist, ist dafür auch die Freude über die erneut starke Fahrt von Marco Odermatt, der auf dem 4. Rang abschloss. «Ich hatte Odermatt aufgrund der fehlenden Routine heute wirklich kein Spitzenergebnis zugetraut», gesteht Kernen. «Am Ende stehen auf dem Podest auch alles erfahrene Athleten, aber was dieser Junge diese Saison abliefert ist einfach nur unglaublich.»

Weniger unglaublich war Carlo Jankas Dernière am Lauberhorn. Der frühere Gesamt-Weltcupsieger rutscht aus und bringt keine gültige Zeit ins Ziel. Eine besondere Erinnerung bleibt es trotzdem, auch für Bruno Kernen.

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Carlo Janka hat sich zum Rücktritt entschlossen. Der 35-jährige Bündner, der seit vielen Jahren mit gesundheitlichen Problemen vor allem im Rückenbereich kämpft, bestreitet am Freitag und Samstag in Wengen noch die zwei Weltcup-Abfahrten.

14.01.2022