Alarm vor Kitzbühel Österreicher zerfleischen sich selbst: «Das ist Steinzeit, was wir haben»

Von Martin Abgottspon

17.1.2023

Hans Knauss nimmt bei einer Kritik des ÖSV kein Blatt vor den Mund.
Hans Knauss nimmt bei einer Kritik des ÖSV kein Blatt vor den Mund.
Imago

Die erfolgsverwöhnten Österreicher müssen diesen Ski-Winter erneut unten durch. Und die Zukunft sieht nicht rosiger aus, wenn man nach den Worten von ORF-Experte Hans Knauss geht. 

Von Martin Abgottspon

17.1.2023

Während Jahren beanspruchten die Österreicher den Ski-Thron regelmässig für sich. Die Breite im Kader des ÖSV war gigantisch. Zudem hatten die Österreicher immer wieder Dominatoren wie Hermann Maier, Benjamin Raich oder Marcel Hirscher in ihren Reihen.

Seit 2020 bröckelt die Dominanz jedoch immer mehr. Die Österreicher befinden sich auf Augenhöhe mit der Schweiz und zogen zuletzt im Nationen-Ranking auch öfters den Kürzeren. Diesen Winter sieht es noch düsterer aus, weil auch die Norweger aktuell vor den Österreichern liegen. Die Ausbeute bei den Männern ist überschaubar: Zwei Siege und sieben Podestplätze stehen bisher zu Buche.

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Zweite Garde stösst nicht nach vorne

Mit dem Rücktritt von Speed-Spezialist Matthias Mayer verlieren die Österreicher jetzt zudem einen weiteren Sieganwärter. Ein Zustand, der grosse Bedenken auslöst. «Ich mache mir Sorgen um unser Speed-Team», sagt der frühere Rennfahrer und heutige ORF-Experte Hans Knauss in einem Interview mit «Laola». «Gerade wenn du nicht so viele Sieganwärter hast, sind diese Ausfälle brutal schmerzlich. Der Sport ist extrem gefährlich und wenn es wieder einen zerlegt, dann stehst du blass da.»

Damit spricht Knauss auch die aktuell fehlende Breite im Team an. Mit Ausnahme von Daniel Hemetsberger gibt es nicht viele Fahrer aus der zweiten Garde, die nach vorne stossen. Aus Sicht von Knauss ist dieser Zustand vor allem auch dem Verband geschuldet. «Der ÖSV schafft es nicht, die zweite Garnitur näher heranzubringen. Vereinzelt funktioniert es, aber eigentlich müssten die noch härter andrücken. Sich gegenseitig nach oben zu pushen, hat uns damals stark gemacht. Das fängt im Training an. Ich hoffe, dass das beim ÖSV in Zukunft wieder mehr stattfindet.»

«Der ÖSV hat in den letzten Jahren immer gesagt, wir sind die beste Ski-Nation der Welt. Nein! Wir haben Bereiche, da sind wir nicht mehr die Besten.»

Hans Knauss

Ex-Rennfahrer und ORF-Experte

Knauss' Breitseite gegen den Verband ist damit aber längst nicht abgeschlossen. Er kritisiert ganz generell die Nachwuchsarbeit beim ÖSV und dass man junge Fahrer beispielsweise viel zu lange im Europacup fahren lässt, statt ihnen eine Chance im Weltcup zu geben. «Der ÖSV hat in den letzten Jahren immer gesagt, wir sind die beste Ski-Nation der Welt. Nein! Wir haben Bereiche, da sind wir nicht mehr die Besten. Alleine wenn ich mir die Struktur im konditionellen Bereich anschaue, dann weiss ich, dass das nicht das Beste ist. Da ist Luft nach oben im Heranführen der jungen Leute von den FIS-Rennen und dem Europacup in den Weltcup. Das gehört geändert. Das ist Steinzeit, was wir da haben.»

Eine Patentlösung, wie man es besser machen könnte, hat aber auch Hans Knauss nicht zur Hand. Es gehe primär darum, gewisse Programme zu ändern und sich neu aufzustellen. Das braucht Zeit. Doch wenn man nicht heute damit beginnt, werde das Niveau auch in Zukunft tendenziell weiter sinken. 

Den Schweizer Ski-Fans kann das nur recht sein. Schliesslich hatten diese in den letzten Jahren genug lange das Nachsehen. Und trotzdem lebt der Skisport ja auch von diesem Duell. So dass wir unseren östlichen Nachbarn wünschen, dass sie wieder in die Spur finden. Oder sich zumindest für den Moment wieder etwas lieber haben.