InterviewSwiss-Ski-Boss Lehmann: «In drei Jahren wird die Schweiz Österreich überholen»
sda
19.3.2018 - 07:03
Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann spricht im Interview über die erfolgreiche Olympia-Saison der Alpinen, die nächsten Schritte und Cheftrainer Hans Flatschers Nachfolger.
Urs Lehmann, sind Sie nach dieser Saison der Alpinen beunruhigt?
Urs Lehmann: Warum? Weil wir zu viele Erfolgsprämien zahlen müssen?
Nein. Weil man oftmals im Erfolg, wenn man das Gefühl hat, alles läuft gut, Fehler begeht.
Dafür sind ich und die ganze Führungs-Riege bei Swiss-Ski zu lange im Business, als dass wir das nicht wüssten. Wir hatten tiefe Täler zu überwinden in der Vergangenheit. Vor allem 2013 war ein schwarzes Jahr. Daraus zogen wir die Lehren, und haben seither viel bewegt. Die Früchte davon konnten wir in den letzten zwei Saisons ernten. Wir sind uns bewusst, dass wir nicht einen Millimeter nachlassen dürfen.
Sie haben in Are zusammen mit Geschäftsführer Markus Wolf, Alpin-Direktor Stéphane Cattin und den beiden Cheftrainern Hans Flatscher (Frauen) und Thomas Stauffer (Männer) intensive Gespräche geführt. Was kam dabei heraus?
Das ist ein Ritual, das wir seit sieben oder acht Jahren haben. Wir haben stundenlang diskutiert. Es ging dabei nicht ums Halten des bisher Erreichten, sondern darum, was unser nächster Schritt sein soll. Wir haben analysiert, was war im vergangenen Winter gut, und was eben nicht. Dabei gingen wir bis auf Stufe einzelne Athleten hinunter.
Was war denn vergangene Saison gut?
Selbstverständlich ragen die Olympischen Spiele in diesem Jahr hinaus. Diejenigen, die in Pyeongchang Gold gewonnen haben, sind dabei unsere Leuchttürme. Mit Absicht erwähne ich dabei Snowboarder Nevin Galmarini und Langläufer Dario Cologna mit ihren grossartigen Leistungen zuerst.
Was können Sie zu den Alpinen sagen?
Das waren natürlich sieben schöne Medaillen, davon deren zwei in der Frauen-Kombi, aber natürlich auch das Team-Gold. Oder nehmen wir Beat Feuz, der in Pyeongchang zwar nicht Olympiasieger geworden ist, dafür aber die kleine Abfahrts-Kristallkugel letztlich souverän gewonnen hat. Mit seiner ganzen Verletzungs-Geschichte ist das einfach riesig und sagenhaft. Und Wendy Holdener will ich auch nicht vergessen. Ein gesamter Satz an Olympia-Medaillen und dazu im Weltcup Gesamtzweite plus die Kombi-Kristallkugel ist ebenso grossartig.
Abgesehen von Medaillen und Erfolgen: Wo sehen Sie die Alpin-Sparte von Swiss-Ski?
Für die Art und Weise, wie heute die Athleten und das ganze Team inklusive den Trainern und Betreuern auftreten, erhalten wir sehr viele Komplimente betreffend der positiven Ausstrahlung und dem vorbildlichen Verhalten. Mir macht Freude, dass wir ein bisschen breiter geworden sind und Junge nachstossen. Als Beispiel greife ich hier Gilles Roulin heraus, der den Übergang vom Europa- in den Weltcup vollzogen hat.
Was hat nicht funktioniert?
Wenn man sucht, dann findet man selbstverständlich immer etwas, das nicht funktioniert hat. Aber wenn ich das ganze Konstrukt anschaue, so dürfen wir mit extrem viel Freude auf die Saison zurückblicken. Alles war stimmig.
Wann stimmt es so richtig gut, und die Schweizer Skirennfahrer gewinnen wieder einmal die Nationenwertung?
Ich habe Peter Schröcksnadel gesagt, er habe noch drei Jahre. Mit dem Frauen-Team, das einen Schritt weiter und reifer ist, waren wir ja bereits heuer auf Augenhöhe. Bei den Männern brauchen wir wohl noch drei Jahre.
Was hat das mit dem ÖSV-Präsidenten Schröcksnadel zu tun?
Peter hat immer gesagt, dass er aufhöre, wenn die Schweizer ihn überholen und Österreich die Nationenwertung nicht mehr gewinne. Deshalb gebe ich ihm in etwa noch drei Jahre. An der WM in St. Moritz sind wir auf eine Welle gekommen. Auf dieser nun sogar stabileren Welle befanden wir uns auch in diesem Winter. Ich bin überzeugt, dass wir auch nächste Saison oben auf der Welle bleiben werden.
Hans Flatscher trat für viele überraschend zurück. Für Sie ebenfalls?
Meine Frau und ich stehen auch privat in Kontakt mit Hans und seiner Frau Sonja (Nef). Deshalb wusste ich, dass es familiäre Diskussionen gab. Der Zeitpunkt aber hat mich überrascht.
Wie weit ist man bei der Suche nach dem Nachfolger?
Ich sage es so: Wir werden für und mit Hans eine gute Lösung finden.
Das lässt sich gut sagen, wenn die Lösung intern schon bekannt ist.
Unterschrieben ist noch nichts. Aber ja, ich habe die Zusage des Nachfolgers. Doch wir wollen nicht überstürzt nach aussen kommunizieren. Auch ist es so, dass Hans zu 99 Prozent nicht ausscheiden wird und deshalb habe ich ihm nicht 'Adieu' gesagt. Es wird eine Veränderung in der Position geben. Aber bis wir das kommunizieren können, dauert es noch ein paar Tage.