Harsche Kritik «Dumm», «macht mir Angst» – Ski-Stars über die Aussagen von FIS-Boss Kasper

jar

7.2.2019

Mit fragwürdigen Aussagen über den Klimawandel und Diktatoren sorgte FIS-Boss Gian Franco Kasper zuletzt für Wirbel. Norwegens Ski-Ass Aksel Lund Svindal reagiert auf Kaspers Worte und bezeichnet den Schweizer als dumm.

«Es gibt keinen Beweis für den Klimawandel. Wir haben Schnee, zum Teil sehr viel. Es gab schon immer kalte und wärmere Winter.» Es ist nur eine von vielen Aussagen, mit denen FIS-Präsident Gian Franco Kasper am Montag in einem Interview mit dem «Tagesanzeiger» für weltweites Kopfschütteln sorgte.

Der 75-Jährige, der seit 1998 Präsident des Internationalen Skiverbandes FIS ist, scheint sich nicht wirklich um die Umwelt zu scheren. Das Fällen Tausender Bäume etwa, um Platz für Skipisten zu schaffen, macht ihm keine Sorgen: «Bei uns ist ja ein einzelner Baum schon eine Katastrophe. Werden aber in Norwegen 10'000 Bäume gefällt, sagt jeder Danke.» Dass es bezüglich des Bäumefällens für die Olympischen Spiele in Peking 2022 noch schlimmer aussieht, interessiert Kasper ebenfalls nicht. Dort sei nämlich «schon alles gefällt, das ist kein Problem».



Wegen der vielen Kritiken, die er sich immer wieder anhören muss, gibt sich Kasper laut eigener Aussage auch lieber mit Diktatoren als mit Umweltaktivisten ab. «Ich will nur noch in Diktaturen gehen, ich will mich nicht mit Umweltschützern herumstreiten», wird er zitiert. Kasper meint damit, dass es viel einfacher sei, Veranstaltungen wie die Olympischen Spiele in Diktaturen durchzuführen, weil in Europa «für solch einen Anlass keine Volksabstimmung mehr gewonnen werden würde».

Daniel Yule: «Das macht mir richtig Angst»

Gian Franco Kasper wird für seine Aussagen weltweit in den Medien kritisiert. Und auch im schwedischen Are, wo zurzeit die Ski-WM über die Bühne geht, sind Kaspers Worte natürlich ein Thema.

Beim Super-G der Männer am Dienstag wird der Norweger Aksel Lund Svindal auf die Aussagen angesprochen. Und Svindal findet selber deutliche Worte: «Manchmal sagen Leute Dinge, die so dämlich sind, dass man sie nicht kommentieren muss. Denn jeder Mensch auf diesem Planeten, der einen Puls hat, versteht, dass das kompletter Quatsch ist. Aber es ist fast schon gut, denn wenn Menschen so dumm sind, muss niemand mehr etwas sagen.»

Slalom-Spezialist Daniel Yule wirft dem FIS-Chef im «Blick» vor, sich zu wenig mit dem Ski-Zirkus auseinanderzusetzen. Seine Aussagen über den Klimawandel seien «ein Beleg dafür, wie weit sich Herr Kasper von unserem Sport entfernt hat. Wenn er uns auch nur einmal beim Schnee-Training im Sommer besuchen würde, dann würde auch er erkennen, wie stark unsere Gletscher zurückgehen und wie stark die Zukunft des Skisports deshalb gefährdet ist.»

Mit diesem Bekenntnis zur Diktatur würde Herr Kasper zudem deutlich machen, dass er als Präsident keine Dialoge mit den Skifahrern führen will. «Das macht mir richtig Angst», sagt Yule, «schliesslich kandidiere ich bei der FIS für die Position als Athleten-Sprecher.»

FIS-Präsident Gian Franco Kasper steht in der Kritik.
FIS-Präsident Gian Franco Kasper steht in der Kritik.
Bild: Keystone

«Wir überlegen uns, wie wir darauf reagieren werden»

Auch Michelle Gisin, welche die WM in Are wegen einer Knieverletzung verpasst, kann nur den Kopf schütteln. «Es ist unglaublich, wenn jemand in dieser Funktion mit diesem grossen Einfluss behaupten kann, dass es die Klimaerwärmung nicht gebe und sie nicht wissenschaftlich belegbar sei», sagt sie zu «Nau». «Da stehen mir einfach die Haare zu Berge. Ich kann es nicht fassen, dass der Präsident eines Sportverbandes, der mit dem Winter so eng verbunden ist, die Augen vor der Realität derart verschliessen kann.»

Gisin ist Botschafterin der Nichtregierungsorganisation POW (Protect Our Winters Switzerland), die gegen den Klimawandel ankämpft. «Wir überlegen uns bei POW, wie wir darauf reagieren werden. Ohne Reaktion geht das nicht», sagt die 25-Jährige. Während der WM sei das aber nicht ganz einfach, da sich die Athletinnen und Athleten auf anderes konzentrieren. «Wir dürfen jetzt nicht kurzfristig oder überstürzt handeln, denn dann verpufft alles rasch wieder. Wir müssen mittelfristig denken, wenn wir Einfluss haben wollen.»

Ihre Fans macht Gisin schon einmal mit einem Instagram-Post auf die Klimaveränderung aufmerksam. Die Fotos sollen zeigen, wie sich die Gletscher in Saas Fee von 2013 bis 2018 verändert haben. Gisin stützt ihre Aussagen mit Fakten: «Es ist Fakt, dass die Schweizer Gletscher in den letzten 160 Jahren 50 Prozent ihrer Oberfläche verloren haben. Sechs der acht schlimmsten Jahre, in denen die Gletscher geschmolzen waren, kamen nach 2008. Die Wintersaison ist heuer 37 Tage kürzer als noch 1970.»

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