Skicross Trotz Verletzungsmisere bereit für WM-Medaillenfahrten

SDA

23.2.2023 - 05:00

Jonas Lenherr will in Bakuriani wie hier in Arosa vorneweg fahren.
Jonas Lenherr will in Bakuriani wie hier in Arosa vorneweg fahren.
Bild: Keystone

Olympiasieger verletzt, Weltmeister verletzt, Medaillen-Garantin bangt um den Start: Gleichwohl peilt das Skicross-Team am Freitag bei den Rennen an der WM in Bakuriani Podestplätze an.

Das Verletzungsrisiko im Skicross ist hoch, die Krankenakten stapeln sich bei fast allen Athletinnen und Athleten. Das Schweizer Team traf es diesen Winter besonders hart, auch vergangene Woche bei der WM-Hauptprobe auf der Reiteralm. Fanny Smith erlitt eine Quetschung des Meniskus. Wie schon vor den Olympischen Spielen in Peking begann für die Waadtländerin der Kampf gegen die Zeit. Ob das Knie einen Start in Georgien zulässt, bleibt offen.

Insbesondere bei den Männern schlug die Verletzungshexe oft zu. Gleich ein Quintett musste die Saison vorzeitig beenden: der Olympiasieger Ryan Regez, der Weltmeister 2021 und Olympia-Zweite Alex Fiva und Luca Lubasch gehen nach einem Kreuzbandriss an Krücken, Romain Détraz musste nach einem Bandscheibenvorfall unters Messer, und Gil Martin ist nach einer Schulterverletzung out.

Die Ausfälle belasten die Stimmung im Team. Enrico Vetsch, seit dieser Saison Cheftrainer, ist gefordert. Sein Ansatzpunkt: «Nicht überspielen, aber auch kein Problem daraus machen. « Denn für ihn sei klar, «dass wir primär brutales Pech hatten». Mit dem Staff hätte er nach möglichen Ursachen wie Fehler im Konditionstraining oder dergleichen gesucht, aber nichts gefunden. Nach der Videoanalyse sei man fast immer zu demselben Schluss gekommen: «Nein, da kann man nichts machen.»

Vetsch erwähnt in diesem Zusammenhang nicht nur das Pech, sondern auch das Glück. «Als ich die Bilder von Fannys Sturz sah, war für mich klar: Kreuzbandriss.» Der Ostschweizer sinniert sogar, dass seine beste Athletin das Malheur im Idealfall in Positives umwandle. So wie vor einem Jahr an den Spielen in Peking, wo die Waadtländerin mit derselben Vorgeschichte anreiste und letztlich Bronze gewann. «Vielleicht dient die Verletzung als Ablenkung und verdrängt die Fragen 'Warum ist Sandra Näslund unschlagbar? Warum verliere ich immer mehr Zeit auf sie?'» Jasmine Flury sei vor dem Gold in der WM-Abfahrt auch krank im Bett gelegen.

Magere Männer-Bilanz

Im Skicross werden in Bakuriani zum zehnten Mal seit der Premiere 2005 in Ruka Medaillen vergeben. Fiva tilgte vor zwei Jahren mit Gold in Idre die Schmach der Männer. An Olympischen Spielen meist erfolgreich, können sie an Weltmeisterschaften erst diese eine Medaille vorweisen.

Es spricht für die Breite im Team, dass die Männer dank den drei Ü30-Fahrern Jonas Lenherr, Joos Berry und Marc Bischofberger berechtigte Hoffnungen auf eine Medaille hegen. Zuletzt auf der Reiteralm holte der St. Galler Lenherr dank feiner Überholmanöver den vierten Weltcupsieg.

Der Kurs in Georgien bietet für alle etwas. Die schnellkräftigen Lenherr und Berry geniessen Vorteile am Start mit einer langen Gerade, dem angriffslustigen Bischofberger kommen die vielen Kurven entgegen. «Man kann das Rennen als Frontfahrer gewinnen, aber sich auch nach vorne arbeiten», urteilt Vetsch. Wie bei den Frauen sieht er auch bei den Männern Schweden in der Favoritenrolle. Der Sieg dürfte über David Mobärg führen.

Auf Fanny Smith ist Verlass

Trotz ihrer zahlreichen Verletzungen stand Fanny Smith seit 2013 beim Saisonhöhepunkt immer am Start. Damals wurde sie im norwegischen Voss als 20-Jährige gleich Weltmeisterin. Seither erhielt sie abgesehen von den Spielen in Sotschi 2014 immer eine Medaille überreicht – im Fall von Peking 2022 nach einem juristischen Nachspiel mit Verspätung.

Talina Gantenbein mit einem 3. Rang und fünf Starts im kleinen Final sowie Sixtine Cousin, die in dieser Saison zweimal im kleinen Final auftauchte, haben Aussenseiterchancen. Und Saskja Lack scheint rechtzeitig in Form zu kommen. Vergangenen Freitag auf der Reiteralm stiess die 22-jährige Ostschweizerin im Weltcup erstmals in die Top 8 vor.