Aller guten Dinge sind drei, aber eben nicht vier. Lara Gut-Behrami sieht die Abfahrts-Kristallkugel mit Rang 17 in Saalbach bei letzter Gelegenheit entschwinden.
Den Gesamtweltcup sowie die Disziplinen-Siege in Riesenslalom und Super-G hatte Gut-Behrami zuvor beim Weltcup-Final in Österreich souverän unter Dach und Fach gebracht. Bei der letzten Aufgabe – Kugel Nummer 4 in der gleichen Saison, was zuletzt Mikaela Shiffrin 2019 gelang – sollte die 32-jährige Tessinerin jedoch deutlich scheitern. 72 Punkte Vorsprung auf die Österreicherin Hütter waren nicht genug, um den erstmaligen Triumph in der Abfahrts-Wertung sicherzustellen. Den geforderten 9. Rang verpasste Gut-Behrami um fast acht Zehntel.
Bereits bei ihrer Zieldurchfahrt leuchtete – bei einem Rückstand von fast zwei Sekunden auf Hütter – nur die '11' auf. Damit war klar, dass Gut-Behrami auf später startende Fahrerinnen hoffen musste, die sich noch vor Hütter setzen würden. Was zumindest der zweifachen Abfahrts-Weltmeisterin Ilka Stuhec fast gelang. Aber eben nur fast, am Ende blieb der Slowenin mit 17 Hundertsteln Rückstand der 2. Platz. Sowieso hätte Hütter, da Gut-Behrami ausserhalb der ersten 15 blieb, in der achten und letzten Abfahrt des Winters maximal Dritte werden dürfen.
Gut-Behrami: «Es lag nur an mir»
Mit solchen Gedankenspielen mochte sich Gut-Behrami allerdings nicht lange aufhalten. «Es wäre wunderschön gewesen, diese Abfahrts-Kugel erstmals zu gewinnen.» Dass ihr das nicht gelungen sei, so die achtfache Saisonsiegerin, habe nur sie zu verantworten. «Es lag an mir. Man ist am Start selber dafür verantwortlich, wie fest man Gas gibt, um sich den Erfolg zu verdienen.»
Auch mit dem zunehmend stärker werdenden, teils drehenden Wind wollte sie ihre Leistung nicht entschuldigen. «Nein, über das Wetter brauchen wir gar nicht lange zu sprechen. Wir sind in Mont Tremblant bei Sturm oder in Kvitfjell bei Regen gefahren. Das Wetter war in dieser Saison in vielen Rennen ein ständiger Begleiter.»
Gut-Behrami wies vielmehr explizit darauf hin, dass sich Hütter die Kugel verdient habe. «Diese gewinnt man über die ganze Saison, nicht in nur einem Rennen. Conny war da eben konstanter, hat die besseren Leistungen gebracht.» Sie selber habe im abgelaufenen Winter an vielen Tagen ihre Bestleistung abrufen können, sagte Gut-Behrami. «Heute war dies nicht der Fall. Es war schlicht nicht mein bester Tag, und ich habe es nicht geschafft. Punkt.»
Das grosse Ganze sehen
Die vierte Kristallkugel verpasst zu haben, «ist kein Weltuntergang. Ich hätte (vor der Saison) nicht erwartet, überhaupt drei Kugeln zu gewinnen». Die Tessinerin fügte mit einem verschmitzten Lächeln hinzu, dass man das grosse Ganze sehen müsse. «Selbst mit solchen Tagen kann man den Gesamtweltcup gewinnen.»
Im Moment spüre sie zwar keine allzu grossen Emotionen, sondern nach «einer anstrengenden Saison vor allem Müdigkeit». Diese war ihr auch anzusehen, als sie einige Zeit nach absolviertem Interview-Marathon die zweite grosse Kristallkugel nach 2016 überreicht erhielt. Da war keine überbordende Freude, sondern eher stille Genugtuung. Sowieso brauche sie nun «Abstand, um das Erreichte zu realisieren und zu verarbeiten». Von Skifahren wolle sie die kommenden Tage nichts wissen.
Die Chance, Grosses zu erreichen, bietet sich Gut-Behrami nächste Saison – mit der WM im Februar 2025 in Saalbach-Hinterglemm als Höhepunkt – nochmals. Die 32-Jährige hat ein Bekenntnis zum Weitermachen abgegeben. Sie werde versuchen, ihr Bestes zu geben «und vielleicht wiederum etwas Gutes zu erreichen wie in dieser Saison».