Marco Odermatt kehrt in Beaver Creek zum Siegen zurück. Im Nobelort in Colorado entscheidet er im Weltcup-Super-G das Duell gegen den Franzosen Cyprien Sarrazin für sich.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
- Nach dem 2. Platz in der Abfahrt legt Marco Odermatt in Beaver Creek mit dem Sieg im Super-G nach.
- Der Nidwaldner gewinnt mit 18 Hundertstel Vorsprung auf den Franzosen Cyprien Sarrazin.
- Im Interview nach dem Triumph spricht Odermatt von einem «brutal schwierigen Rennen» und verrät, dass er für den Sieg das Glück benötigte.
Es war eine schwierige Aufgabe, die der Schweizer Trainer Reto Nydegger als Kurssetzer den Fahrern stellte. Es war ein Super-G, der höchste Ansprüche an die Taktik stellte. Ein Kurs, der alle Teilnehmer forderte, viele von ihnen überforderte. Gerade in der ersten Phase des Rennens bekundeten viele Akteure Mühe. Von den ersten zehn der Startliste erreichten lediglich vier das Ziel.
Odermatt hatte die Schwierigkeiten kommen sehen. Er habe schon bei der Besichtigung gedacht, dass viele Mühe haben würden. Er selber hatte sich wie gewohnt einen klaren Plan zurechtgelegt – und fand mit der hohen Ausfallquote zu Beginn die Bestätigung, mit seiner Einschätzung richtig gelegen zu haben. Allerdings sei er nicht überall so souverän durchgekommen, wie er es sich das gewünscht hätte, bilanzierte Odermatt nach getaner Arbeit.
«Es war ein brutal schwieriges Rennen», analysierte der Nidwaldner bei SRF. Sowohl der Untergrund als auch die Materialabstimmung hätten Probleme bereitet. Odermatts Geheimnis? «Ich habe gesehen, dass man im oberen Abschnitt trotz Scheiss-Gefühl einfach ‹abelah› muss.» Unten habe er dann schlicht auch Glück gehabt. «Ich musste ein, zweimal ‹reinbscheissen›», so der Buochser ehrlich.
Die Fahrt reichte Odermatt gleichwohl, um das erste Duell gegen Sarrazin mit 18 Hundertsteln Vorsprung für sich zu entscheiden – ein Duell, das der 27-Jährige eher tags zuvor in der Abfahrt erwartet hatte. Da war der Franzose im Kampf um die Spitzenplätze überraschenderweise kein Faktor gewesen. Dass es ihm lediglich zu Rang 9 gereicht hatte, führte dieser auf die gehobene Erwartungshaltung zurück.
Der anhaltende Lernprozess
Mit anderen Worten: Sarrazin ist nach wie vor daran, sich an seine neue Rolle zu gewöhnen, die mit zusätzlichem Druck verbunden ist, die ihn seit seinem kometenhaften Aufstieg im vergangenen Winter in den Mittelpunkt des Interesses katapultiert hat. Vieles ist immer noch neu für ihn, der lange für sein Draufgängertum mit über Gebühr vielen Stürzen bezahlt hat.
Sarrazin findet sich in einem Lernprozess wieder, den Odermatt schon lange hinter sich hat, der das Interesse der Öffentlichkeit bereits als Nachwuchsfahrer zu spüren bekommen hat, der sich nach und nach an seinen Status hat gewöhnen können. Sarrazin dagegen ist für den Schritt dafür nicht viel Zeit geblieben. Den Aufstieg aus der grossen Masse in den Zirkel der Spitzenkönner hat er sozusagen über Nacht vollzogen.
«Ich muss daran arbeiten, um den Moment geniessen zu können. Gestern habe ich meine Zeit gebraucht, um mein Abschneiden in der Abfahrt zu verkraften», sagte der Franzose nach dem Super-G, der für ihn mit einer Schrecksekunde begonnen hatte. Nicht viel fehlte, und er wäre schon im zweiten Tor auf dem Innenski weggerutscht. Die Chance auf eine Klassierung ganz vorne in der Rangliste schien dahin. «Deshalb hatte ich danach nichts mehr zu verlieren.»
Dass es trotz des Patzers noch zu Rang 2 gereicht hat, zeigt, dass Sarrazin unter normalen Umständen in der Lage ist, nahtlos an seine Leistungen in der letzten Saison anzuknüpfen. Der 30-jährige Franzose wird auch in diesem Winter zu den ersten Herausforderern von Odermatt gehören.
Der geschlossene Kreis
Für Odermatt seinerseits schloss sich fürs Erste ein Kreis. Sieg Nummer 38 im Weltcup errang er an jenem Ort, an dem er vor fünf Jahren und einem Tag ebenfalls in einem Super-G seinen ersten Sieg auf dieser Ebene realisiert hatte. In Beaver Creek hatte er den Super-G zudem auch vor drei Jahren dominiert.
Zweitbester Schweizer im ersten Super-G dieses Winters war Gino Caviezel mit Rang 7. Justin Murisier fand sich 24 Stunden nach seinem Sieg in der Abfahrt gemeinsam mit Teamkollege Alexis Monney auf Platz 17 wieder.
Rang 2 in der Abfahrt am Freitag, nun der Sieg im Super-G – Odermatt hat auf der Piste Birds of Prey den Ausfall im Riesenslalom von Ende Oktober auf dem Rettenbach-Gletscher oberhalb von Sölden bei den ersten zwei Gelegenheiten auf fast perfekte Weise kompensiert. Er hat umgehend in die Spur zurückgefunden und damit ein weiteres Mal eine seiner vielen Stärken unter Beweis gestellt. Die nächsten Duelle mit Sarrazin können kommen – und mit ihnen auch ähnlich schwierige Aufgaben wie an diesem Samstag in Beaver Creek.