Ski-Regisseur Salmina «Nach einem Horrorsturz willst du am liebsten aufhören und den Film beenden»

Sandro Zappella

28.10.2025

Ski-Regisseur Salmina: «Dann willst du am liebsten den Film beenden»

Ski-Regisseur Salmina: «Dann willst du am liebsten den Film beenden»

27.10.2025

Ein Jahr lang begleitete Regisseur Gerald Salmina die besten Abfahrer der Welt. Im Interview mit blue Sport spricht er über den schweren Sarrazin-Sturz, die gute Stimmung bei den Schweizern und die Krise bei den Österreichern.

Sandro Zappella

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der Dokumentarfilm «Downhill Skiers» begleitet ein Jahr lang die besten Abfahrer der Welt und zeigt neben sportlichen Höhepunkten auch dramatische Tiefschläge wie den schweren Sturz von Cyprien Sarrazin.
  • Regisseur Gerald Salmina beschreibt die emotionale Belastung des Filmteams und die Kameradschaft unter den Athleten, die trotz Konkurrenz wie eine grosse Familie agieren.
  • Besonders das Schweizer Team beeindruckt durch starken Zusammenhalt und erfolgreiche Nachwuchsarbeit, was auch in Österreich für Nachdenken sorgt.

Der Dokumentarfilm «Downhill Skiers» ist in den Schweizer Kinos und bei blue Cinema angelaufen. Das Filmteam um Regisseur Gerald Salmina hat die besten Abfahrer der Welt dafür ein Jahr lang begleitet. Wie er die vielen Emotionen – von überragenden Fahrten bis zu schweren Stürzen – erlebt hat, verrät der Österreicher im Interview mit blue News. 

Downhill Skiers

Downhill Skiers

Downhill Skiers

04.09.2025

Gerald Salmina, Sie haben die besten Abfahrer der Welt rund ein Jahr lang begleitet und daraus einen über zweistündigen Dokumentarfilm geschaffen. Welcher Moment blieb Ihnen besonders in Erinnerung?

Der Anfang des Films war natürlich das Duell Marco Odermatt gegen Cyprien Sarrazin. Das Commitment, das die beiden gezeigt haben, hat den Abfahrtssport neu definiert. Sarrazin hat damals (in Kitzbühel – Anm.d.Red) den eigentlich perfekten Lauf von Odermatt noch optimiert. Deshalb waren sie für mich perfekten Hauptdarsteller. 

Es kam aber in der letzten Saison nur zu Beginn zu diesem Duell. Sarrazin stürzte schwer ...

Was in Bormio passierte, war schlimm – es wurde alles anders. Dann willst du am liebsten aufhören und den Film beenden. Wir freunden uns natürlich auch an, wir haben viele Vorgespräche geführt. Wir haben nicht nur gefilmt, sondern auch sonst viel über den Sport geredet, viel über die Person und den Charakter gesprochen. Und dann plötzlich dieser brutale Sturz von Sarrazin. Ich hatte keine Ahnung, was da jetzt passiert, da kann man nur hoffen. Zum Glück ist mit der Zeit durchgesickert, dass es ihm von Tag zu Tag besser geht. Aber er hat in der ersten Nacht um sein Leben gekämpft, das geht einfach zu weit, das willst du im Film gar nicht zeigen. Das war einfach brutales Pech. Mit Hochs und Tiefs Geschichten zu erzählen, da sind wir ziemlich durchgeschüttelt worden als Filmproduktion. Solche Stürze wollten wir nie haben.

Sarrazin nach seinem Horror-Sturz: «Ich kämpfe noch mit Knieschmerzen»

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Cyprien Sarrazin spricht im Interview mit blue News über seinen Horror-Sturz in Bormio und darüber, wie es ihm heute geht.

22.10.2025

Wie haben Sie die anderen Athleten zu dieser Zeit wahrgenommen? Hatten die Angst nach dem schlimmen Sarrazin-Sturz?

Es gehört im Lebens eines Abfahrers dazu, dass sie fähig sind, solche Stürze zu verdrängen. Solange es einem selbst nicht passiert, betrifft es auch nicht so sehr die Seele eines Abfahrers. Ich glaube, das kommt erst später, wenn man etwas Abstand hat zu den Rennen. Du musst einfach so gebaut sein, dass du das vergessen und verdrängen kannst, um überhaupt weiter Rennen zu bestreiten – sonst musst du aufhören. Wenn du glaubst, das kann dir auch passieren, dann fährst du nicht mehr runter. Jeder ist überzeugt, dass es einem nicht passiert. Und das ist auch das einzige, wie man sowas bewältigen kann. 

Wie haben sich die Athleten zueinander verhalten?

Die waren sehr kameradschaftlich und freundschaftlich, wie eine grosse Familie. Ich habe kaum eine Sportart erlebt, wo man so einen Respekt gegenüber den anderen Fahrer hat. Es geht nicht darum, ob man gegen andere gewinnt, man fährt immer nur gegen sich selbst oder gegen den Berg. Jeder weiss, wie schwierig es ist, eine Abfahrt zu gewinnen. Diese Wertschätzung gegenüber den Kollegen, die eben nicht Rivalen sind, sondern Freunde im gleichen Rennen, die ist voll da. Man freut sich mit den anderen mit. 

Von Aussen betrachtet scheint speziell im Schweizer Team eine sehr gute Stimmung zu herrschen. Wie haben Sie das erlebt?

Die Schweizer motivieren sich gegenseitig. Dieser Umgang miteinander, dieses Spass haben – die sind ja 200 Tage im Jahr zusammen unterwegs – das macht es eigentlich aus. Da hat man wirklich gesehen, dass der eine dem anderen hilft und versucht, zu motivieren. Man wird im Team aufgefangen. Gleichzeitig ist die Freude beim Skifahren auch viel grösser, als wenn man nicht so persönlich miteinander umgeht. Das war ganz speziell beim Schweizer Team zu sehen. Das war wunderschön und so, wie du es dir vorstellst, wenn du irgendwo als junger Sportler in ein Team kommst.  Man wird umarmt von den anderen und feiert gemeinsam Siege oder bespricht gemeinsam Niederlagen. 

«Downhill Skiers» jetzt bei blue Cinema

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Sie sind Österreicher. Wie nimmt man den Schweizer Erfolg, speziell in der Abfahrt der Männer, in Österreich auf?

In Österreich gibt es viele Rätsel auf, warum die Schweizer so gut sind. Man stellt sich die Frage, was man falsch gemacht hat. Das Momentum ist sicher bei den Schweizern. Es gibt extrem viele Talente, das liegt auch in der Jugendarbeit. Da hat man sehr viel richtig gemacht in den letzten Jahren. Aber auch der angesprochene soziale Faktor funktioniert bestens im Schweizer Team, das darf man nicht unterschätzen.

Und die Österreicher?

Wir Österreicher waren sehr erfolgsverwöhnt in den letzten 30 Jahren: Haben Vierfachsiege gefeiert, sogar Neunfachsiege. Deshalb waren Siege in Österreich schon fast normal. Wenn es in Österreich dann plötzlich keine Siegfahrer mehr gibt, ist das natürlich eine Katastrophe. Weil man sich in Österreich einfach gewöhnt ist, dass man – gerade in der Abfahrt – immer vorne war. Aber die Kräfteverteilung ändert sich alle paar Jahr wieder. Im Moment hat die Schweiz viele Ausnahmeathleten, das ist auch schön zu beobachten, wie es Österreich anstellt, da wieder mitzumischen. Das geht hin und her, das ist Sport, der erfindet sich immer wieder neu und das macht ihn so interessant.

Der Film «Downhill Skiers» läuft aktuell bei blue Cinema.

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09.10.2025