Sion-Star Balotelli: «Zu oft nur zwanzig Prozent meines Potenzials ausgeschöpft»

SB10

25.4.2023

Die italienische Fussball-Legende Mario Ballotelli spielt seit Sommer 2022 in Sion. 
Die italienische Fussball-Legende Mario Ballotelli spielt seit Sommer 2022 in Sion. 
Imago

Sion-Star Mario Balotelli sprach in einem Podcast über Fehler in seiner Karriere, seine Beziehung zu José Mourinho oder warum er noch eine Rückkehr in die italienische Nationalmannschaft anstrebt. 

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Der italienische Musiker Fedez konnte in seinem Podcast «Muschio Selvaggio» einen besonderen Gast begrüssen: Mario Balotelli. 

Seine Karriere startete Balotelli bei Inter, wo er aus dem Nachwuchs ins Fanionteam aufstieg. «Ich habe Inter geliebt und tue es immer noch. Ich bin den Nerazzurri dankbar, besonders (Präsident Massimo) Moratti. In meinem Herzen bin ich zwar ein Milanista, aber ich habe meine Zeit bei Inter wirklich genossen.»

Bei seinem Ausbildungsverein blitzte auch seine schillernde Persönlichkeit auf. Nach dem (gewonnenen) Champions-League-Halbfinale 2010 gegen Barcelona warf er im San Siro sein Trikot zu Boden und zog damit den Zorn der eigenen Fans auf sich.

«Ich habe damit alles ruiniert. Es war ein Fehler, aber ich war erst 19 Jahre alt. Ich konnte nicht verstehen, warum man mich im Stadion auspfiff, weil ich ein paar Mal den Ball verloren hatte. Ich bin an diesem Abend weinend nach Hause gegangen.»

Inters Abwehrboss Marco Materazzi stellte Balotelli in der Garderobe zur Rede: «Materazzi war mein Schutzengel. Er hat mich nach dieser Geste zurechtgewiesen, aber nur, weil er mich beschützen wollte.»

Das Verhältnis zum früheren Inter-Trainer José Mourinho war hingegen nicht konfliktfrei. «Mou ist kein einfacher Kerl, genau wie ich. Einmal, vor einer Reise nach Catania, hatten wir einen Streit im Bus, der uns zum Flughafen brachte. Er hat mich aus dem Bus geworfen und ich musste mit dem Auto nach Hause fahren», so Balotelli. 

Die Gründe für die vielen Schlagzeilen

Nach Inter lief der Stürmer noch für grosse Klubs wie Manchester City, Milan oder Liverpool auf. Balotelli sorgte regelmässig für Schlagzeilen – meist nicht aus sportlichen Gründen: «Ich weiss, dass ich Fehler gemacht habe, aber es ist auch wahr, dass ich immer im Rampenlicht stand. Abgesehen von meinem eigenen Charakter und dem Etikett, als Teenager ein Wunderkind gewesen zu sein, trug wohl auch der Status dazu bei, der erste schwarze Spieler im italienischen Nationalteam zu sein, dass die Leute immer darüber sprachen, was ich abseits des Platzes tat. Ich habe Kollegen gesehen, die Dinge taten. Wäre ich das gewesen ...» 



Sein im vergangenen Jahr verstorbener Agent Mino Raiola stand ihm jeweils mit Rat und Tat zur Seite. «Raiola sagte mir immer das Gleiche: Wenn Messi und Cristiano Ronaldo so viele Ballon-d'Or-Trophäen haben, ist es deine Schuld.» Balotellis Fazit: «Er hatte recht – ich habe zu oft nur zwanzig Prozent meines Potenzials ausgeschöpft.»

Rückkehr in die italienische Auswahl?

«Super Mario», der bisher 36 Länderspiele für die Squadra Azzurra absolvierte, hat die Hoffnung nicht aufgegeben, nochmals für die italienische Nationalmannschaft aufzulaufen. Zuletzt stand Balotelli 2018 letztmals für seine Heimat im Einsatz.

«Wenn ich das Trikot der Azzurri trage, ist das ein unglaubliches Gefühl», hält Balotelli fest und ergänzt: «Ich habe mich immer gut mit Mancini (Italiens Nationaltrainer) verstanden. Es ist nicht wahr, dass wir uns bei Manchester City gestritten haben. Ich habe immer noch das Gefühl, dass ich der Nazionale würdig bin.»



Für eine Rückkehr ins Nationalteam müsste der 32-Jährige bei seinem aktuellen Arbeitgeber Sion mit starken Leistungen auf sich aufmerksam machen. Bisher erzielte Balotelli sechs Treffer in sechzehn Meisterschaftspartien für die Walliser. Der Sion-Star denkt aktuell noch nicht an einen Rücktritt: «Ich denke, ich kann noch mindestens vier Jahre auf einem guten Niveau spielen. Wenn ich in den Ruhestand gehe, werde ich mit dem Weg, den ich eingeschlagen habe, zufrieden sein. Ich hätte mehr erreichen können, aber auf jeden Fall habe ich alles gewonnen.»