«Kollektiv-Strafen sind ein No-Go» Bei Niederlagen gibts für die FCZ-Junioren Straftrainings

Michael Wegmann

5.11.2025

Der FCZ setzt in der Jugendabteilung auf eigentümliche Trainingsmethoden wie kollektives Sprinten nach Pleiten.
Der FCZ setzt in der Jugendabteilung auf eigentümliche Trainingsmethoden wie kollektives Sprinten nach Pleiten.
Bild: Keystone

Um erfolgreicher zu werden, setzt die FCZ-Academy nun auf Straftrainings. Je höher die Pleite, desto mehr müssen die Talente sprinten. «Ein No-Go», nennt dies ein erfahrener Erziehungswissenschaftler. Zudem seien Kollektiv-Strafen nicht erlaubt. 

Michael Wegmann

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Der FC Zürich hat wegen ungenügender Resultate im Nachwuchs kollektive Straftrainings eingeführt: die Teenager müssen nach Niederlagen intensive Laufeinheiten absolvieren. Je höher die Pleite, desto mehr muss gerannt werden. 
  • Erziehungswissenschaftler Andy Benz kritisiert die Massnahmen als unverhältnismässig, kontraproduktiv und rechtlich fragwürdig. Er sagt: «Kollektive Straftrainings sind ein No-Go, besonders in der Jugendabteilung.» Zudem seien Kollektiv-Strafen eigentlich auch verboten, sagt Benz, der im Bildungsrat des Kantons St. Gallen ist.
  • Der FCZ nimmt schriftlich Stellung, schreibt, dass man damit die Winnermentalität und die Resilienz der jungen Spieler stärken wolle und nennt die Straftrainings ‹temporäre Zusatztrainings›.

Weil man beim FCZ mit den Resultaten im Nachwuchs unzufrieden ist (die U16 zum Beispiel ist Tabellenletzter), greift man zu unüblichen Methoden, um den Spielerinnen und Spielern Beine zu machen. Straftrainings!

Bei Niederlagen mit einem Tor Differenz müssen die Talente der FCZ-Academy direkt nach Schlusspfiff fünf 100-Meter-Sprints absolvieren. Bei zwei Toren Differenz sind es mehr.

Bei einer Differenz von drei Gegentoren und mehr müssen alle Nachwuchsspielerinnen und -spieler inklusive Trainer tags darauf am Morgen – oft ist dies ein freier Sonntag – sogar im FCZ-Campus Heerenschürli antraben und dort ihre «High intensiv Läufe» absolvieren. Auch Talente, welche bei der Pleite nur auf der Bank gesessen haben. 

«Kollektive Straftrainings sind unverhältnismässig»

Sind solche kollektiven Straftrainings für die FCZ-Talente eine sinnvolle und legitime Vorbereitung für den Leistungssport? Werden sie dadurch besser?

blue News hat Andy Benz gefragt, langjähriger Erziehungswissenschaftler, im Bildungsrat des Kantons St. Gallen und nebenbei auch Trainer im Kinderfussball. Er kenne die allgemeine Strafpraxis beim FCZ zwar nicht im Detail, sagt er, «aber kollektive Straftrainings sind ein No-Go, besonders in der Jugendabteilung». Eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit könne damit nicht erreicht werden, so Benz weiter. «Sie sind unverhältnismässig und kontraproduktiv, sie können den Zusammenhalt in der zu Unrecht bestraften Gruppe stärken, die Motivation und das Vertrauen schwächen und sich auch gegen den Strafenden richten.»

blue News erfuhr, dass Nachwuchstrainer ihr Team bei einem 2-Tore-Rückstand auch schon dazu aufgefordert hätten, zu verteidigen, statt nach vorne zu spielen und zu versuchen, das Spiel noch zu kehren. Aus Angst vor dem Straftraining tags darauf.

Sind solche kollektiven Strafläufe überhaupt legal? Benz: «Kollektiv-Strafen sind in der modernen Rechtsprechung verboten. In vielen Kantonen sind sie laut Volksschulgesetz verboten, bestraft werden dürfen nur individuelle Regelverstösse und keine unschuldigen Personen.»

Die Teenager und Teenagerinnen und ihre Eltern könnten sich gegen die Strafläufe wehren und würden auch recht bekommen. Nur dürfte dies in der Praxis wohl niemand tun, träumen doch alle von einer Zukunft als Profi.

Vereinzelt wird auch anderswo noch auf Kollektiv-Strafen zurückgegriffen – im Militär, aber auch in der Fussballwelt. Dann zum Beispiel, wenn ganze Fan-Sektoren gesperrt oder Fan-Gruppen ausgeschlossen werden wegen Fehlverhalten einzelner. 

Das sagt der FCZ zu den Straftrainings

Und was sagt man beim FCZ zu den Straftrainings im Heerenschürli? Der FCZ lässt blue News schriftlich eine Stellungnahme zukommen. Er schreibt: «Es stimmt, dass wir im Rahmen von temporären Zusatztrainings die Winnermentalität und die Resilienz der jungen Spieler stärken wollen.» Und: «Es ist wichtig zu wissen, dass es im Gegenzug bei guten Leistungen auch immer wieder Belohnungen wie gemeinsame Teamessen, freie Tage oder Regenerationswochen gibt.» Die Teams der Frauen-Abteilung des FCZ sind von diesen temporären Zusatztrainings nicht betroffen.

Videos zum Thema

Basel – Zürich 2:0

Basel – Zürich 2:0

Super League | 11. Runde | Saison 25/26

29.10.2025

Mehmedi: «Malenovic kennt Hediger und rückt somit näher an die Mannschaft»

Mehmedi: «Malenovic kennt Hediger und rückt somit näher an die Mannschaft»

29.10.2025

Canepa: «Als die Spieler zu mir kamen, musste ich reagieren»

Canepa: «Als die Spieler zu mir kamen, musste ich reagieren»

26.10.2025

Michael Wegmann und Manuel Rothmund über die Situation beim FCZ

Michael Wegmann und Manuel Rothmund über die Situation beim FCZ

Nach der Medienkonferenz am Freitagnachmittag mit Ancillo Canepa und Dennis Hediger schätzen Leiter Sport blue News Michael Wegmann und blue Sport Moderator Manuel Rothmund die Lage beim FC Zürich ein.

24.10.2025

Fringer: «Die Begründung des FCZ ist für mich unverständlich»

Fringer: «Die Begründung des FCZ ist für mich unverständlich»

blue Sport-Experte Rolf Fringer über die Entlassung von FCZ-Trainer Mitchell van der Gaag.

23.10.2025