Drei Spieltage sind in der Super League absolviert und Meister Zürich weist schon sechs Punkte Rückstand auf Leader YB auf. Wie aussagekräftig ist eine Tabelle nach drei Partien überhaupt?
Heimspiel – Der Fussball-Talk
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«Es kommt immer darauf an, wen man fragt», lautet Fredy Bickels simple Antwort auf die Frage, wie wichtig der Saisonstart für einen Klub sein kann. Ein Fehlstart, wie ihn der in der Meisterschaft noch sieg- und torlose FC Zürich hinlegt, könne die Mannschaft und ihr Umfeld durchaus verunsichern. «Wenn man jetzt gerade den FC Zürich anspricht. Er hat ein Zeichen bekommen, dass man etwas viel Risiko eingegangen ist. Mit einem relativ konträren Trainerwechsel», ist Bickel überzeugt und prognostiziert: «Sie müssen sich darauf einstellen, dass sie in dieser Saison sehr viel Geduld üben müssen.»
Für Bickel gibt es aber nicht nur für den FCZ schon erste Erkenntnisse, sondern auch für den Tabellenführer. «YB hat gesehen, dass sie die richtigen Schlüsse gezogen und die richtigen Korrekturen angebracht haben. Sie haben jetzt schon aufgezeigt, dass sie ein ganz heisser Meisterschaftskandidat sind», so der ehemalige Sportchef der Berner im Fussball-Talk Heimspiel.
«Aus den ersten Spielen ist nicht alles rauzulesen»
Dem schliesst sich Lukas Görtler an. «YB hat extrem viel Power. Das sieht man nach drei Spieltagen», sagt der St.Gallen-Captain. Aber: «Zürich habe ich bei uns spielen sehen. Sie haben englische Wochen und sind drei Tage vorher unglücklich aus der Champions-League-Qualifikation ausgeschieden. Da ist es nicht einfach, den Schalter zu finden. Aber ich glaube nicht, dass sie die ganze Saison auf dem letzten Platz sind.»
In den letzten 19 Jahren wurde die Mannschaft, die nach drei bis fünf Runden an der Tabellenspitze stand, zu 55 Prozent auch Meister. Das Schlusslicht nach drei bis fünf Runden rangierte sich gar zu 80 Prozent auf dem letzten oder vorletzten Tabellenplatz. Es kann allerdings auch komplett anders laufen.
Görtler erinnert sich an die Saison 2020/21, als er mit dem FCSG mit drei Siegen in die Spielzeit startete, aber bis zum vorletzten Spieltag gegen den Abstieg kämpfen musste. «Es ist nicht alles rauszulesen aus den ersten Spielen», sagt der 28-Jährige. Er misst dem Saisonstart aber trotzdem eine sehr hohe Bedeutung zu: «Ich glaube, dass es wichtig ist für das Gefühl und das Mannschaftsgefüge. Siege helfen enorm, um Selbstvertrauen zu bekommen oder um neue Spieler zu integrieren.»
Ex-Sportchef Bickel gesteht Fehler ein
Auch Schaffhausen-Trainer Hakan Yakin sieht im Teambuilding eine der zentralen Herausforderungen zu Beginn einer Spielzeit. «Spieler kommen und gehen, das ist auch gut, das macht es interessant», sagt Yakin. «Wichtig ist, dass du die neuen Spieler in der Mannschaft integrierst. Da braucht es auch die Spieler, die schon länger dabei sind.» Gelingt das nicht wie erhofft, kann schnell Unruhe in einem Team entstehen – insbesondere, wenn der Erfolg in den ersten Pflichtspielen ausbleibt.
Das kennt auch der ehemalige Sportchef Fredy Bickel. «Ich habe zweimal nach relativer kurzer Zeit den gleichen Trainer entlassen. Das waren Fehler, insofern da das meiner Sturheit geschuldet war.» Er habe Uli Forte bei YB damals vor Saisonstart unbedingt noch eine Chance geben wollen. Der Plan ging nicht auf, Bickel musste nach drei Saisonspielen die Reissleine ziehen.
In diesem Jahr haben es immerhin alle Super-League-Trainer bis zum vierten Spieltag geschafft. Ob man aus Bickels Fehlern gelernt hat?