Der erste Meistertitel seit 2009 ist für den FC Zürich zum Greifen nah. Vor der Saison hätte das kaum jemand für möglich gehalten, vielleicht nicht einmal André Breitenreiter selbst. Doch der Deutsche will mehr.
Als Breitenreiter vor der Saison als Trainer des FCZ vorgestellt wurde, da war hie und da von einem Transfer-Coup die Rede. Man erinnerte sich daran, wie der heute 48-Jährige mit Schalke in der Saison 2015/16 den besten Saisonstart seit 50 Jahren hinlegte und die Königsblauen letztlich in die Europa League führte. Oder wie prächtig sich unter ihm junge Spieler wie Leon Goretzka oder Leroy Sané entwickelt haben. Seinen Leistungsausweis schmücken auch die Aufstiege in die Bundesliga mit Paderborn und Hannover.
Zweifler und Kritiker konnten dagegenhalten. Breitenreiter ist mit Paderborn nicht nur auf- sondern im Folgejahr auch abgestiegen. Und in Hannover musste er in seiner dritten Saison (2018/19) in der Winterpause gehen, weil das Team auf einem Abstiegsplatz klassiert war. Seither war er ohne Job geblieben, allerdings aus persönlichen Gründen und nicht etwa wegen fehlender Angebote.
Und was sagte der Trainer selbst?
Breitenreiter sprach bei seiner Vorstellung davon, dass es sein Ziel sei, «die Mannschaft weiterzuentwickeln und attraktiven Offensivfussball anzubieten». Davon, dass man Ziele nur als Team erreichen könne und dass er junge Spieler fördern wolle. Es sind die gleichen Sätze, die man heutzutage bei fast jeder Trainer-Präsentation hört.
Zwei Monate bevor er seine Unterschrift unter den Vertrag des FCZ setzte, liess Breitenreiter in einem Interview noch etwas tiefer blicken: «Der Erfolg steht für mich an oberster Stelle.» Das bedeute auch, dass man manchmal Dinge verändern müsse. «Es ist aber meine Überzeugung, im Sinne der Sache zu handeln und Entscheidungen zu treffen, die dem Wohl des Gesamten dienen. Da bedarf es kontroverser Diskussionen innerhalb eines Vereins. Unbequem kommt nicht immer gut an.»
Er sei jemand, der sich schnell identifizieren könne und Dinge optimieren wolle, die aus seiner Sicht zum Erfolg führen würden. «Ich konnte bei meinen Stationen schnell eine Aufbruchstimmung erzeugen.» Das wichtigste Kriterium für ihn sei, dass die Überzeugung bei ihm aber auch dem Klub zu 100 Prozent da sei.
Und unverhohlen gab er zu: «Mein persönliches Ziel war es immer, als verantwortlicher Trainer die Champions-League-Hymne zu hören. Mit Schalke war ich kurz davor. Nun muss ich vielleicht erstmal einen Schritt zurückgehen, um auf mich wieder aufmerksam zu machen, aber das Ziel verliere ich nicht aus den Augen.»
Der Plan ging sowas von auf. Breitenreiter hat alle Erwartungen übertroffen und ist seinem «persönlichen Ziel» ein grosses Stück näher gekommen. Die Champions-League-Hymne ertönt in Zürich allerdings frühestens am 15. August in den Playoffs, für die sich der Schweizer Meister erst noch qualifizieren müsste. Bis dorthin ist es noch ein langer Weg.
Aber vielleicht ist der Coach ja bis dann auch schon über alle Berge, denn auf sich aufmerksam gemacht hat er allemal. Verlockende Angebote dürfte es geben.