Der FC Basel ist wieder das, was er von 2002 bis 2017 satte zwölfmal war: die Nummer eins im Schweizer Fussball. Der Weg zurück an die Spitze war jedoch steinig, holprig, rutschig. Wir zeichnen nach, welche Herausforderungen der FCB auf dem Weg an die Spitze bewältigte.
Sommer 2017: Die Übergabe an Bernhard Burgener
Im Juni 2017 gibt die Spitze um Präsident Bernhard Heusler und Spordirektor Georg Heitz den Staffelstab nach acht Meistertiteln in Serie weiter – an die Crew um den Film- und Medienmogul Bernhard Burgener. Mit an Bord sind auch die beiden Klubgrössen Marco Streller und Alex Frei.
Streller wird Verwaltungsrat und Sportdirektor, Frei Verwaltungsrat für Strategie; nebenbei coacht der Rekordtorschütze der Nati den Basler Nachwuchs. Der Ex-Nati-Stürmer Jean-Paul Brigger wird VR-Delegierter. Trainer wird Raphael Wicky, der sich gegen Patrick Rahmen und Thorsten Fink durchgesetzt hat. Erfolgstrainer Urs Fischer muss seinen Platz räumen – trotz zweier Meistertitel und einem Cupsieg.

Für viele die Ursünde für den sich anbahnenden Niedergang. Und das, obwohl Heusler/Heitz ihren Nachfolgern Cash in Höhe von 60 Millionen Franken hinterlassen, eine fixe Champions-League-Teilnahme und Spieler mit hohen Transferwerten wie Manuel Akanji, Tomas Vaclik, Mohamed Elyonoussi.
Herbst 2017: Die Champions-League-Nächte
Der FCB stürmt durch die Champions-League-Gruppenphase, fegt unter anderem Benfica Lissabon 5:0 vom Joggeli-Rasen – dank eines verblüffenden Dimitri Oberlin, der zwei Tore schiesst und eines auflegt. Nie war eine Schweizer Mannschaft in der Champions League besser.
Auch im Achtelfinal im Frühjahr 2018 schlägt sich der FCB achtbar. Siegt im Rückspiel bei ManCity von Fussball-Genius Pep Guardiola 2:1 – zwar nur für die Statistik, da das Hinspiel in Basel 0:4 verloren ging. Ein Ausrufezeichen ist es gleichwohl.

Den Titel aber verpasst der FCB – YB stillt seine Titelsehnsucht nach 32 Jahren. Der FCB wird Zweiter und scheitert im Cup-Halbfinal an den Bernern. Die erste titellose Basler Saison nach neun Jahren. Dabei kamen im Winter mit Fabian Frei und Valentin Stocker gleich zwei Hoffnungsträger im besten Alter, mit 29 und knapp 28, in den Schoss des FCB zurück.
August 2018: Wicky geht, Koller kommt
Der Wind drehte bereits im Frühjahr gegen Raphael Wicky, im Sommer dann kippt die Stimmung nach einem 1:2 gegen St. Gallen und einem 1:2 bei PAOK Saloniki im Hinspiel der Champions-Leaguge-Quali vollends.
Wicky wird gefeuert, und nachdem Alex Frei als Interimstrainer in Neuenburg ein 1:1 in ein 0:3 gegen PAOK im Rückspiel verantworten muss, übernimmt ein Routinier von höchstem Rang: Marcel Koller. Koller startet zwar mit einem 4:2 gegen seinen Herzensklub GC, durchlebt danach aber schwere Zeiten: In der Liga läufts zäh, und in der Europa-League-Quali bleibt der FCB an der Hürde Apollon Limassol hängen.
Ende Jahr traben ein paar Spieler beim Präsidenten Burgener an – sie meutern gegen den Trainer. Mit einem Machtwort beendet er die Diskussion. Zumindest vorerst (siehe unten).
Sommer 2019: Die Koller-Posse
Im Frühjahr 2019 verliert der FCB zwar nur noch ein Spiel, wird Zweiter und schlägt Thun im Cup-Final 2:1 – gleichwohl will sich FCB-Sportchef Streller des erfahrenen Zürcher Trainers entledigen. Präsident Burgener knickt jedoch ein, nachdem er eine Nacht drüber geschlafen hat, und hält zu Koller. Streller tritt entnervt zurück, Kumpel Alex Frei tats schon ein Jahr zuvor.
Auch Brigger, ein Vertrauensmann Burgeners, tritt ab. Chefscout Ruedi Zbinden wird Sportdirektor, der unbekannte Roland Heri COO. Burgener beschwichtigt: «Wir haben keine Krise.» Sportlich tatsächlich nicht. Der FCB spielt eine ordentliche Saison, ist zwischendurch Leader und holt im Kalenderjahr 2019 am meisten Punkte; bloss YB und St. Gallen stehen in der Corona-Saison vor ihm.

Die Basler erreichen auch den Cupfinal, in dem sie knapp 1:2 gegen YB verlieren. Vor allem aber drängen sie bis in die Viertelfinals der Europa League vor – mit Siegen gegen die PSV Eindhoven, Trabzonspor, Getafe oder Frankfurt.
Der Brasilianer Arthur Cabral brilliert. Koller geht trotzdem und sagt: «Eigentlich hätten wir einen Orden verdient.» Er meint sich und sein Staff, der das Team trotz permanenter Unruhe in der Spur hielt. Fabian Frei sagt später zu «BaZ»: «Bei Marcel Koller müsste ich mich entschuldigen.» Das träfe wohl auf mehrere Basler Spieler zu.
Herbst 2020: Das Sforza-Debakel
Nachfolger von Koller, dem wie Urs Fischer manche Basler rasch nachtrauern, wird ein vergessen Geglaubter: Ciri Sforza. Ein grossartiger Spieler, der zu Beginn seiner Trainerzeit verheissungsvoll arbeitet, in Luzern und in den ersten Jahren bei GC. Von Wil aus wagt er den Schritt ins Joggeli. Dort aber geht er im Intrigenstadl zugrunde.
Es beginnt mit einem verunglückten Interview im vereinseigenen TV, wo Sforza unablässig von «Turbulenten» statt Turbulenzen fabuliert, und keiner im Studio weist ihn auf den Fehler hin. Der Beitrag wird gesendet – Sforza ist bereits beschädigt. Und spätestens nach dem 2:6 daheim im Cup gegen den damaligen Challenge-Ligisten Winterthur ergiesst sich nur noch Spott und Hohn über den FCB und vor allem über Sforza.

Einen Monat später, nach einer Heimschlappe gegen den späteren Absteiger Vaduz, ist Sforza nicht mehr zu halten. Patrick Rahmen übernimmt – und ist wenige Monate später Leader. Auch dank des eindrücklichen Stürmers Cabral.
März 2021: David Degen tritt auf den Plan
Als Rahmen den FCB ruhig und sachlich an die Spitze coacht, spielen sich im Hintergrund wilde Szenen ab. Es heisst, FCB-Boss Burgener plane, Anteile an den englischen Vermögensverwalter Centricus verkaufen. Es regt sich Widerstand, in der Stadt, bei den Fans und vor allem bei jenen in der Muttenzerkurve.
Die Fans protestieren, und im Hintergrund bringt sich David Degen in Position. Basler, Ex-Profi, Nationalspieler, sehr erfolgreich als Spieleragent. Er will Burgeners Anteile kaufen und den unliebsam gewordenen Präsidenten aus dem Amt drängen; bereits im September 2019 hatte er zehn Prozent am Klub erworben und Einsitz im Verwaltungsrat erhalten.

Nach zähem Rechtsstreit setzt sich Degen durch, auch weil Burgener bald einmal spüren muss, dass die Sympathien in Club und Stadt ziemlich einseitig verteilt sind: zugunsten Degens. Der sagt: «Ich bin all-in gegangen. Aber es blutete überall raus. Wir mussten diese Blutungen stoppen.»
Ob Degen genug Geld hat, um den FCB auf lange Sicht zu finanzieren? Hat er persönlich nicht, dafür eine kluge Transferstrategie, die dem FCB bis heute einen Transferüberschuss von 70 Millionen Franken einbrachte.
Sommer 2021 bis Herbst 2023: Der wilde Degen
Sportlich läufts in der ersten vollen Saison unter Rahmen gut – gleichwohl regt sich Unmut bei Degen. Und er hält damit nicht hinterm Berg. In VIP-Logen, in den Katakomben, gegenüber Journalisten: Degen bellt, wenn ihm etwas nicht passt – über die vielen Unentschieden etwa.
Patrick Rahmen muss im Frühjahr als Tabellenzweiter und Conference-League-Achtelfinalist gehen. Co-Trainer Boris Smiljanic geht von sich aus – «das habe ich nicht nötig». Er meint damit den schroffen Umgang von Degen mit dem Trainerstab. Cabrals Abgang im Winter machte Rahmens Leben im übrigen nicht einfacher.
Sommer 2022: Alex Frei – das Missverständnis
Er gehört zu den grössten Klublegenden, und er trieb den FC Winterthur in die Super League hoch: Alex Frei wurde im Sommer 2022 Trainer im Joggeli – er sei wieder daheim, wie er das sagt. Er ist zurück am Sehnsuchtsort so vieler Basler: beim FCB. Weg ist er aber auch schnell. Im Februar 2023 wird er gefeuert.
Der FCB ist zwar Tabellensiebter, aber in der Conference League noch dabei, ebenso im Cup. Und es übernimmt der Mann, der die Entlassung von Alex Frei massgeblich durchsetzte: Heiko Vogel, im Winter erst als Sportdirektor installiert – nicht zuletzt auf Betreiben Freis, der ihn zunächst eigentlich zu seinem Assistenten machen wollte.

Doch Vogel setzt sich nach Freis Aus selber auf die Bank, dringt bis in die Verlängerung des Halbfinals der Conference League vor – und er reibt sich mit allen auf: Gegnern, Journalisten, besonders aber den Schiedsrichtern. Kaum ein Schweizer Funktionär, der weniger Sympathien stiftet als er.
Herbst 2023: Vogel fliegt, Celestini übernimmt
Als Heiko Vogel dann auch noch Timo Schultz als Trainer einstellt, einen sympathischen, honorigen, aber vor allem überforderten Mann, der noch im September gehen muss, war Vogel schon angekratzt. Dass er bei Pressekonferenzen seinem eigenen Präsidenten übers Maul fuhr, half seinen Beliebtheitswerten auch nicht. Als er sich dann entgegen dezidierter Ankündigung, nicht mehr FCB-Trainer zu sein, sich doch nochmal selber zum Cheftrainer machte, war das Mass bald voll. Vogel flog – und keiner weinte ihm nach.

Den Trainerjob bekommt Fabio Celestini. Und der hat keine Zweifel, dass er wusste, wo er war – und dass er sich darüber freute: «Ich bin beim besten Klub der Schweiz.» Zunächst strauchelten die Basler noch weiter, ehe Celestini den FCB mit harter Hand und klarem Konzept in die Spur brachte.
Gleichwohl wird bis heute debattiert, ob der Trainer zur Saison abgelöst werden könnte – oder von sich aus geht. Meister und vielleicht gar Double-Gewinner mit grosser Spielervergangenheit in Spanien und Frankreich sind begehrt.
August 2024: Das letzte Puzzlestück
Er ist «quadratisch, praktisch, gut», er ist der «Zauberzwerg», die «Zaubermaus» – oder einfach: Xherdan Shaqiri, einer der besten Spieler, die je einen Schweizer Stadionrasen betraten. Spitzbübisch, genialisch, einflussreich.
Klubboss David Degen und Daniel Stucki, inzwischen Basler Sportchef, lotsten ihn aus Chicago in seine Heimat – wobei lotsen? Shaq wollte unbedingt zu seinem Herzensklub, es drang ihn förmlich dazu. Und so spielt er auch: lustvoll, für hiesige Verhältnis schlicht brillant – als Passgeber und als Vollstrecker.
Mit 18 Toren, zuletzt dreien beim Triumph in Lugano, und 20 Vorlagen in 31 Spielen ist er auch in Zahlen der beste Offensivspieler, den der FCB je hatte – und wohl der Hauptgrund für die Rückkehr von Rotblau an die Spitze der Super League.