Fehlender Fokus beim verlorenen Cupfinal Zeidler: «Wir haben uns überlegt, wie viel Bier wir zum Feiern brauchen»

Jan Arnet

5.2.2025

Zeidler über verlorene Cupfinals: «Haben uns überlegt, wie viel Bier wir zum Feiern brauchen»»

Zeidler über verlorene Cupfinals: «Haben uns überlegt, wie viel Bier wir zum Feiern brauchen»»

05.02.2025

Peter Zeidler war bis 2024 der Zampano an der Seitenlinie des FC St.Gallen. Nun redet er bei blue Sport erstmals über seine Zeit in der Ostschweiz, seine Gefühle, seine Siege und Niederlagen – besonders jene in den Cupfinals 2021 und 2022.

Michael Schifferle

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Im Fussball-Talk Heimspiel blickt Peter Zeidler auch auf seine sechs Jahre beim FC St.Gallen zurück.
  • Zeidler bleibt in der Ostschweiz als angriffslustiger Trainer in Erinnerung. Einen Titel konnte er dem FCSG aber nicht bescheren. Über den verlorenen Cupfinal gegen Lugano sagt er: «Sie haben so gespielt, wie wir sonst spielen.»
  • Zum Duell zwischen St.Gallen und Lugano kommt es auch am Mittwochabend in der Super League. blue Sport überträgt die Partie live. Anpfiff ist um 20.30 Uhr.

Von 2018 bis 2024 war Peter Zeidler Trainer des FC St.Gallen. Und eines werden selbst die grössten Kritiker nicht behaupten: dass die Zeit langweilig war. Zeidler war nicht nur ein emotionaler Trainer, der auch das Publikum in Wallung brachte – er predigte auch einen offensiven Spielstil, der zuweilen als «Hurra-Fussball» tituliert wurde.

«Hurra-Fussball? Warum nicht?», sagt Zeidler. «Das interpretiere ich als offensiven Fussball. Und den haben wir in St. Gallen gespielt. Wir haben – vielleicht YB ausgenommen – oft die meisten Tore geschossen. Wir hatten oft die meisten Abschlüsse.» Er wisse, dass die meisten Trainer nach aussen propagieren, Angriffsfussball spielen zu wollen. «Aber wir haben in sechs Jahren St. Gallen bewiesen, dass wir das auch wirklich tun.»

Dieser Angriffsfussball berge auch Risiken, sagt Zeidler. «Klar, es war auch mit Risiken verbunden. Wir waren hinten auch mal offen. Das haben wir nicht immer gut gemacht.» Insgesamt aber hätten sie viel zusammen erreicht, so Zeidler, der vom FC Sochaux nach St. Gallen gekommen war.

Für einen Titelgewinn reichte es nicht. 2020, im Corona-Jahr, wurden die St. Galler noch von YB gestoppt und auf Platz zwei verwiesen. Und besonders schmerzhaft: Gleich zwei Cupfinals gingen verloren, 2021 gegen Luzern und 2022 gegen Lugano. «Und beide Male verdient», wie Zeidler zugibt.

Gerade auf die 1:4-Niederlage gegen die Tessiner blickt er schonungslos zurück. «Sie waren taktisch besser. Sie haben uns überrascht, indem sie so gespielt haben, wie wir sonst spielen: Sie haben uns in der ersten Viertelstunde mit hohem Pressing unter Druck gesetzt.» Damit kam sein Team nicht klar und konnte nicht mehr reagieren.

Vor Emotionen die Taktik vergessen

Ohnehin würde Zeidler die Vorbereitung auf die Finals anders gestalten: «Wir waren zu stark emotionalisiert. Wir haben hundertmal betont, für wen wir alles gewinnen wollen: für die ganze Verwandtschaft, das ganze Rheintal. Wir haben uns überlegt, wie viel Bier wir zum Feiern brauchen und wie wir uns umarmen werden. Dabei haben wir die inhaltlichen Dinge vernachlässigt.»

Wie verhält sich das Team bei eigenem Ballbesitz? Wie bei gegnerischem? Wie bei Einwürfen? Dieser Fokus ging verloren. «Da haben wir vor lauter Emotionen vergessen, wie wir spielen sollten. Die Emotionen wären auch so gekommen.»

Der FCSG ging 2022 im Cupfinal leer aus.
Der FCSG ging 2022 im Cupfinal leer aus.
Keystone

Doch Titel seien weit nicht alles, was zurückbleibe, betont Zeidler. Letzte Woche war er in Stuttgart und sah zwei Spieler auf dem Platz, die er entwickelt hat: Ermedin Demirovic und Leonidas Stergiou. «Und Demirovics Eltern sind mir um den Hals gefallen und haben von der tollen Zeit in St. Gallen geredet.» Auch wenn er an andere Spieler denke, die ihren Weg gemacht hätten, sei er stolz, sagt Zeidler. Auf Sierro, auf Adamu, auf Muheim, auf Schmidt, auf Hefti. «Darum geht es in der Schweiz doch auch: Spieler besser machen, sie entwickeln und dann halt auch verkaufen.»

Dass so viele Spieler und er selbst so gerne an St. Gallen denken, habe mit der einmaligen Konstellation zu tun gehabt. «Mit Matthias Hüppi und Alain Sutter hat das einfach gepasst. Der grösste Pluspunkt aber waren die Fans, diese Verrückten, die das ‹Hopp Sanggalle› in sich tragen.» Und ihre Aufgabe sei es gewesen, das Stadion, die Fans mitzureissen. «Und Spieler wie Zigi, Görtler oder Quintilla, die noch immer dabei sind, verkörpern dieses St. Gallen. Jeder weiss: Da geht was ab.» Solche Dinge hinterlassen zu haben, das macht Zeidler durchaus stolz. Auch wenn er es nicht explizit sagt.

Kein neuer Streich

Lange sah es so aus, als sei das Trio Hüppi/Sutter/Zeidler unzertrennlich und könne Zeidler etwas werden, was Christian Streich in Freiburg war: der ewige Trainer. 2020 verlängerte der Klub seinen Vertrag bis 2025. «Ohne Ausstiegsklausel», wie Zeidler betont. «Ich hätte mir vorstellen können, das ewig zu machen. Es hat einfach gepasst. Und ich denke, der Klub sah das auch. Dann kam aber im letzten Sommer der Moment, in dem wir gesagt haben: Jetzt macht der Zeidler was anderes. Und der Klub macht was anderes.» Zeidler ging zu Bochum, wo er bereits im Oktober gefeuert wurde; St. Gallen engagierte Enrico Maassen.

Kürzlich traf Zeidler zufällig auf Präsident Hüppi, der letzte Verbliebene des langjährigen Führungstrios. Sportchef Sutter wurde bekanntlich vor gut einem Jahr entlassen. «Hüppi und ich haben uns nett unterhalten. Sonst aber haben wir keinen Kontakt mehr.»

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